ILO 182 – Kinderarbeit =^_^=

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Die Abkürzung ILO steht für „International Labour Organization“ und ist ein Organ der UN das sich um menschenwürdige Arbeitsbedingungen bemüht. Zwei der wichtigsten Konventionen, die ILO 138 und ILO 182 beschäftigen sich dabei mit der sogenannten Kinderarbeit. In ILO 138 werden Alter, Zeiten und Arten der Arbeit festgelegt, die legitim sind und in ILO 182 wird sogenannte „ausbeuterische Kinderarbeit“ definiert und verdammt…

Vielen Dank an Lars, aka @susticle für den heutigen Themenvorschlag!

Mehr Informationen:

Bild: Von Lewis Wickes Hine, restored by Michel Vuijlsteke – Library of Congress[1], Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6224489

 

 

#182 – ILO 182 – Kinderarbeit

Das heutige Thema wurde von Lars oder auch, wie er auf Twitter zu finden ist @susticle vorgeschlagen. Lars ist schon ziemlich lange dabei. Er war beim Radio oder wie er selber es ausdrückt: Er hat einen geraden Sender mit aufgebaut und produziert inzwischen auch schon selber Podcasts, nämlich mit “Auf Distanz” unter anderem einen richtig tollen Astronomie Podcast – eindeutige Hörempfehlung an dieser Stelle. Der Link ist wie immer in den Notizen zur Sendung.

Es gibt Themen, bei denen weiß ich gar nicht, von welcher Seite ich mich ihnen so richtig nähern soll. So auch das heutige Thema. Es wird um die ILO 182 gehen. ILO steht für International Labour Organisation und ist eine der Organisationen, die sich unter dem Dach der United Nations dafür einsetzen, unser Leben besser zu machen.

ILO Ratifizierungen sind eben durchnummeriert. Convention C-182 oder ILO 182 trägt dabei den Titel “Worst Forms of Child Labour Convention 1999”. Das ist also die Konvention der International Labour Organisation, die sich gegen sogenannte ausbeuterische Kinderarbeit richtet.

Und was ist damit jetzt nun gemeint? Damit ist gemeint: Sklaverei, Kinderpornographie, Prostitution jeglicher Art, harte körperliche Arbeit unter unmenschlichen Bedingungen, das Ausnützen von Kindern für Drogenhandel oder den Transport speziell gefährlicher Mittel und Stoffe oder Arbeiten, die sozusagen per Definition speziell gefährlich für Gesundheit, Psyche oder das Leben von Kindern ganz allgemein sind.

Und wer sich jetzt denkt: Das sind ja ganz schön extreme Bedingungen – also da fallen ja Kindersoldaten und Kinderprostitution mit rein – dem sei gesagt, dass laut den entsprechenden Gremien derzeit ungefähr 115 Mio. Kinder und Jugendliche unter solchen ausbeuterischen Bedingungen arbeiten. Und jedes Jahr sterben mehr als 22.000 Kinder bei Arbeitsunfällen oder durch Vorkommnisse in diesen Tätigkeiten. Das ist also schon eine ziemlich heftige Situation und da wundert es auch nicht, dass sich praktisch die gesamte Internationale Gemeinschaft gegen diese Form der Kinderarbeit wendet und diese Convention ratifiziert hat.

Wir sind uns als Menschheit also im Allgemeinen einig, dass die richtig harte und ausbeuterische Kinderarbeit verboten gehört. Das war aber mitnichten immer schon so. Kinder waren früher viel eher vollwertige Mitglieder der Gesellschaft und damit verpflichtet, einen Arbeitsbeitrag zu bringen, als es heute der Fall ist. Überhaupt ist dieses Konzept der Kindheit eine recht moderne Erfindung. Früher galt: Sobald Kinder eine gewisse Leistungsfähigkeit hatten, wurden sie eingesetzt.

So war ist und ist es leider nichts ungewöhnliches, dass Kinder in Bergwerken schuften und zum Beispiel durch kleine Spalten, durch die Erwachsene nicht durchpassen, klettern müssen und ähnliches.

Sieht man sich die Geschichte der Kinderarbeit in Deutschland an, wird es auch recht schnell ernüchternd. Das erste Kinderschutzgesetz, das erlassen wurde, wurde im Königreich Preußen erlassen und das wurde nicht etwa dort erlassen, um Kinder zu schützen, sondern aus der Beobachtung heraus, dass immer öfter körperlich und geistig zurückgebliebene Rekruten auftauchten, also für’s Kriegshandwerk unbrauchbare Menschen.

Um dem gegenzusteuern wurde 1839 ein gesetzliches Kinderarbeitsverbot erlassen, dass den Arbeitseinsatz von Kindern unter 9 Jahren in Fabriken verbot. Und 9 – 16-jährige durften nicht mehr als 10 Stunden täglich arbeiten. Sonntage und die Nacht waren außerdem auch noch tabu. Das hat allerdings erstmal nicht viel bewirkt.

1858 arbeiteten immer noch 12.500 Kinder zwischen 8 und 14 Jahren in preußischen Fabriken und deswegen wurde sozusagen in Folge die Gewerbeaufsicht gegründet, die das Einhalten von Arbeitsbestimmungen prüfen und überwachen sollte.

Heute sind wir zunächst mal vermeintlich weiter. Es gibt besagte ILO und dort eine Convention mit der Nummer 138, die ein Mindestalter für “normale Tätigkeiten” vorschreibt. Dieser Konvention zufolge darf man erst ab 15 beschäftigt werden und beschäftigt werden im Sinne von ein regelmäßiges Einkommen durch Arbeit erzielen. Und das meint dann ganz normale Arbeiten. Wir reden also nicht von ausbeuterischer Kinderarbeit, wie in der Konvention 182, sondern von sagen wir mal Bürotätigkeiten oder Mitarbeit in landwirtschaftlichen Betrieben usw.

Das ist im Allgemeinen auch der Punkt, bei dem es schwierig wird. Wenn wir jetzt hier aus unserem komfortablen Deutschland heraus auf irgendwelche Drittweltländer schauen und sagen Es kann ja wohl nicht angehen, dass Kinder da in den elterlichen Betrieben schuften müssen oder irgendwelche Ziegel herstellen oder Kleidung weben usw., dann vergessen wir oft die Lebenswirklichkeit dieser Menschen. Da ist es eben oft so, dass die Kinder die dort arbeiten gehen, wirklich zum Überleben ihrer jeweiligen Familie beitragen. Da stellt sich die Frage oft gar nicht. Und: Es ist auch so, dass für die Kinder es als bereichernd und positiv empfunden wird, wenn sie eben in der Lage sind, ihrer Familie aktiv zu helfen und zum Lebensunterhalt beizutragen. Das ist auch kulturell völlig anders besetzt.

Selbst bei uns tut man sich manchmal schwer. Ist es denn Kinderarbeit, wenn die Kinder beim Hausputz helfen müssen? Sicher nicht. Aber wie ist es, wenn ich heute einen Bauernhof betreibe und meine Kinder dabei helfen, die Tiere zu versorgen? Ja, das könnte schon grenzwertig werden. Und da ist eben dieser wichtige Unterschied zu machen: Ausbeuterisch oder nicht ausbeuterisch.

Die einschlägigen Organisationen, zum Beispiel Terre des Hommes betonen deswegen gar nicht mal so das Bedürfnis nach einem generellen Verbot von Kinderarbeit. Ihnen geht es um die Ächtung von Ausbeutung. Es gibt auch Experten, die sagen generelle Ächtung von Kinderarbeit oder auch Betrieben, die Kinder beschäftigen, schadet mehr als es nützt. Denn wenn diesen besagten Betrieben die Möglichkeit genommen wird, Gewinne zu erzielen und die Kinder sich nicht mehr beteiligen dürfen an dieser Gewinnerzielung, dann passieren zwei Sachen. Das 1.: Es gibt mehr Armut und das 2.: Die Kinder werden heimlich eingesetzt, was eben genau wieder zu dieser Ausbeutung führt, die es eigentlich zu bekämpfen gilt.

Und dann ist da noch der Punkt, dass der Begriff Ausbeutung schwer zu definieren ist. Es ist zum Beispiel Ausbeutung und Kinderarbeit, wenn Jungtalente im Sport oder Kunstgewerbe auf Bühnen stehen und damit Einkommen erzielen. Es gibt Sportarten, bei denen mit 7, 8 Jahren Training gerechnet wird, bevor Höchstleistungen erreicht werden können und gleichzeitig Sportarten, in denen die Athleten in der Regel sehr, sehr jung sind. Geräteturnen ist so ein Beispiel. Da ist man ganz schnell an einer Stelle, wo 20 Stunden Training pro Woche mit etwa 12 Jahren ganz normal werden und angesichts der Einkommen, die damit erzielt werden, die Frage auftaucht, ob das nicht auch ausbeuterische Kinderarbeit ist.

Aber auf jeden Fall nicht mal annähernd in dem Sinne der Kinderarbeit, die die ILO 182 definiert. Denn dort ist natürlich auch dieser Aspekt der bösartigen Ausbeutung und der hohen Gefährlichkeit der Tätigkeit ganz weit vorne. Es macht einfach einen Unterschied, ob ich als Kindersoldat durch den Busch renne oder 20 Stunden die Woche am Barren trainiere.

Bis bald.