====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
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Okay, ich gebe es zu: Heute bescheiße ich so ein bisschen. Denn die 146 kann ich auch lesen als 14.6. Der 14.06. also. Und am 14.06.1868 in Baden bei Wien kam Karl Landsteiner zur Welt. Der Mann, der uns erklärt hat, wie das Ding mit den Blutgruppen eigentlich funktioniert. Und weil das so lebensrettend und spektakulär war, gab es dafür auch den Nobelpreis für Medizin und zwar verdientermaßen würde ich mal sagen.
Aber mal zurück zu den Blutgruppen. Wie war das noch gleich? Unser Blut besteht im Wesentlichen aus zwei großen Bestandteilen. Nämlich einmal einer wässrigen Lösung, ungefähr 90% Wasser; aus Proteinen, Salzen, Einfachzuckern, Hormonen, gelösten Gasen usw. Und einzelnen Zellen. Nimmt man einem Menschen Blut ab und lässt es dann eine Weile lang stehen, dann setzen sich diese Zellen auch deutlich ab – also die roten Blutkörperchen, alle anderen Zellen sinken sozusagen nach unten und lassen das Blutplasma deutlich durchsichtiger erscheinen.
Blut ist absolut lebenswichtig. Es versorgt unseren Körper mit Nährstoffen und mit Sauerstoff und wir haben ungefähr 5 bis 6 Liter davon. Wenn wir zu viel von diesem Blut verlieren, etwa durch eine Verletzung oder bei einer Operation, dann wird unser Zustand sehr schnell kritisch. Darum hat man schon früh in der Menschheitsgeschichte versucht, Blut von einem Menschen auf den anderen Menschen zu übertragen, um Leben zu retten.
Wie genau das allerdings möglich war, ist früher natürlich nicht so ganz offensichtlich gewesen. So hat man meistens Blut getrunken und es gibt auch einige überlieferte haarsträubende Geschichten. So soll zum Beispiel Papst Innozenz VIII auf ärztliche Empfehlung damals im Jahr 1492, als er im Sterben lag, das Blut von drei zehnjährigen Jungen getrunken haben. Die Idee war damals wohl unter anderem auch, den Papst nochmal zu verjüngen durch die jugendliche Kraft der Kinder und die haben das Experiment leider nicht überlebt und der Papst blieb so krank, wie er zuvor war.
Die erste erfolgreiche, echte Blutübertragung zwischen zwei Hunden aus dem Jahr 1666 hat angeblich der Brite Richard Lower durchgeführt und ein Jahr danach hat man dann zum ersten Mal in Frankreich Tierblut auf Menschen übertragen.
Ganz generell war aber das Übertragen von Blut immer ein Problem, denn oft starben die Patienten oder waren danach zumindest sehr nah an der Schwelle zum Tod, kaum dass das Blut den Besitzer gewechselt hatte.
Obwohl es relativ riskant war, war ab 1828, nachdem der Heilbronner Arzt Georg Klett zum ersten Mal erfolgreich in Deutschland eine Bluttransfusion übernommen hat, die Transfusion von Blut eine Standardmethode in der Notfallmedizin. Ungefähr jeder Zweite kam immerhin mit dem Leben davon bei diesen Versuchen.
Das Problem war nämlich, dass Blut klumpte und zwar nicht nur, wenn es an die Luft kam – das konnte man ja noch irgendwo in den Griff bekommen, genau deswegen gab es damals zu der Zeit immer nur direkte Transfusionen von Patient zu Patient – nein, das Blut klumpte auch mit einiger Wahrscheinlichkeit nach der Transfusion im Körper des Empfängers. Es braucht ja nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass klumpendes Blut grundsätzlich mal schlecht für die Gesundheit ist.
Und genau damit hat sich Karl Landsteiner eben auseinandergesetzt und was er dann herausfand, waren die Regeln, nach denen Blut klumpt oder eben nicht klumpt. Er stellte fest, dass es Blutsorten gab, die anscheinend nicht klumpten, wenn sie miteinander in Verbindung kamen. Er hat das Ganze systematisch untersucht und als Ergebnis ein Blutgruppensystem, das AB0-System gebaut.
Damit beschrieb Karl Landsteiner im Wesentlichen, wie man denn Blut vermischen kann. Er hat nämlich festgestellt: Es gibt eigentlich vier Arten von Blut und jeder Mensch auf diesem Planeten hat eine dieser vier Arten in sich. Habe ich nun viel Blut verloren, dann entscheidet meine Blutgruppe darüber, welche Spenderblutgruppe ich entgegennehmen kann. Mindestens mal meine eigene Blutgruppe funktioniert immer. Das heißt, wenn ich eigenes Blut mal gespendet habe oder irgendjemand als Spender auftritt, der exakt dieselbe Blutgruppe hat – super! Keine Abstoßungsreaktion.
In allen anderen Fällen muss man ein bisschen nachdenken, aber es ist eigentlich auch ganz einfach. Es gibt vier verschiedene Blutgruppen: A, B, AB und 0. 0 ist besonders spannend, weil 0 kann an alle anderen spenden. Es ist sozusagen super verträgliches Blut, das mit allen anderen Blutgruppen kombiniert werden kann. AB ist das genau Gegenteil. Wenn ich Blutgruppe AB habe, dann ist das mit dem Blutspenden eher etwas schwieriger, zumindest wenn ich es, wie es damals noch gebräuchlich war, ohne Umweg über eine Blutkonserve direkt via Schlauch eine Bluttransfusion durchführe und sozusagen direkt spende.
Aber als AB-Blutgruppler kann ich zumindest maximal auf meine Mitmenschen hoffen, denn ich kann eigentlich alles an Blut entgegennehmen, was es da draußen gibt. Ob es jetzt Blutgruppe A, B und 0 sowieso ist, geht alles. Zumindest in gewissen Grenzen und zumindest, wenn ich es nur einmal mache. Und da kommt jetzt eine weitere Entdeckung von Landsteiner ins Spiel, nämlich der sogenannte Rhesusfaktor. Der heißt übrigens so, weil er wirklich bei Experimenten mit Rhesusaffen gefunden wurde und und beschreibt eine Eigenschaft des Immunsystems im Blut. Zum Feststellen wurde ein Test entwickelt, der konnt positiv und negativ ausfallen und daraus ergab sich dann die Bezeichnung Rhesusfaktor positiv und Rhesusfaktor negativ für die verschiedenen Gruppen.
Und um es noch komplizierter zu machen: Es gab noch weitere Blutgruppen, die Landsteiner dann entdeckte, aber das würde jetzt wirklich viel zu weit führen und auch weit in das Feld rein, wo ich wirklich keine Ahnung mehr habe. Für den Hausgebrauch reicht auch in aller Regel das klassische AB-System, die man noch mit einem plus oder minus für den Rhesusfaktor ergänzt und dann haben wir letztlich acht verschiedene Gruppen, nämlich A, B, AB, 0 und das jeweils in Rhesusfaktor negativ und Rhesusfaktor positiv.
Über 70% der Menschen in Deutschland haben entweder 0+ oder A+, was sie zu ziemlich guten Blutspendern machen dürfte. Richtig Pech hat man, wenn man AB- als Blutgruppe hat. Dann gehört man nämlich nicht nur zu 1% der Bevölkerung, sondern hat auch noch eine Blutgruppe, auf die eigentlich keine andere Blutgruppe als Spender geeignet ist. Das heißt, es gibt wenig Angebot, weil eben auch so wenig Nachfrage existiert.
Gott sei Dank ist die Transfusionstechnik inzwischen um einiges fortgeschrittener, als damals zu Landsteiners Zeiten und so kann man inzwischen einzelne Bestandteile des Blutes separat geben. Man kann synthetisieren und manche Sachen lassen sich ja auch ganz hervorragend verdünnen und lagern.
Und bei alledem muss ich zugeben: Ich weiß immernoch nicht, welche Blutgruppe ich eigentlich habe. Und Du? Kennst Du Deine?
Bis bald.