282 – Habeas Corpus =^_^=

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Auch Gefangene haben Rechte, insbesondere das Recht darauf, nicht ohne richterlichen Beschluss festgehalten zu werden. Die EU Menschenrechtskonvention geht sogar soweit, das als Menschenrecht einzustufen und den Verstoß in harten Fällen als Verbrechen gegen die Menschenwürde zu betrachten…

https://de.wikipedia.org/wiki/Habeas_Corpus
https://en.wikipedia.org/wiki/Hajiakbar_Abdulghupur (Guantanamo Captive 282)
http://www.nytimes.com/2014/01/01/us/us-frees-last-of-uighur-detainees-from-guantanamo.html?_r=1
https://www.washingtonpost.com/politics/obama-signs-defense-bill-pledges-to-maintain-legal-rights-of-terror-suspects/2011/12/31/gIQATzbkSP_story.html
http://projects.nytimes.com/guantanamo/detainees/282-hajiakbar-abdulghupur

Bild: Pixabay, CC0, https://pixabay.com/en/jail-prisoner-captive-police-crime-429639/

 

#282 – Habeas Corpus

Guantanamo Bay ist für mich ein typisches Beispiel dafür, dass amerikanische Präsidenten längst nicht so mächtig sind, wie wir eigentlich immer glauben. Denn ich bin der absoluten Überzeugung, wenn er es hätte durchsetzen können, hätte Obama Guantanamo Bay schließen lassen. In Wirklichkeit ist der Laden aber immer noch offen und in Wirklichkeit hat er immer noch Menschen inhaftiert, die definitiv keine Terroristen sind. Mal ganz davon abgesehen, dass man Menschen nicht einfach so ins Gefängnis stecken darf – egal, welche Anklage gegen sie vorliegt, ohne dass es ein dazu passendes rechtstaatliches Verfahren gibt. Aber so weit wollen wir jetzt mal gar nicht gehen.

Häftling 282 Hajiakbar ist chinesischer Bürger und er wurde in Guantanamo, wie so viele andere, eingeliefert unter Terrorismusverdacht. Er ist speziell auch noch Mitglied einer Gruppe, der sogenannten Uighuren, die bekanntermaßen unschuldig festgehalten wurden. Hajiakbar hat laut der Wikipedia seinen Habeas Corpus 2008 gewonnen. Das heißt soviel, wie ein amerikanischer Richter hat ihm Recht gegeben und bestätigt, dass er zu Unrecht inhaftiert worden war.

Habeas Corpus ist ein interessantes Konzept. Das ist lateinisch für “Du sollst den Körper haben” und das waren die einleitenden Worte von Haftbefehlen im Mittelalter. Und später dann hat man Habeas Corpus als sozusagen den Fachbegriff für Verhaftungen eingesetzt. So gibt es dann eben auch verschiedene Gesetze mit diesem Namen. Es gibt zum Beispiel einen Habeas Corpus Act in England. Dieses Gesetz regelt die Rechte Verhafteter. Man darf also nicht einfach verhaftet werden und dann ist man der Staatsmacht ausgeliefert, sondern Verhaftungen haben nach einem ganz bestimmten codifizierten Schema abzulaufen. Man ist innerhalb einer bestimmten Zeit zum Beispiel einem Richter vorzuführen und dergleichen mehr.

In Deutschland gibt es auch Habeas Corpus Garantien, die nach Artikel 104 des Grundgesetzes auch per Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden, weil sie grundrechtsgleiches Recht sind. Und international gilt das Recht auf Schutz vor willkürlicher Inhaftierung zumindest mal in der Europäischen Menschenrechtskonvention als absolutes Menschenrecht, Artikel 5 in dem Fall. Insbesondere das Verschwindenlassen von Personen ist inzwischen auch durch ein eigenes Gesetz als Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert.

Da geht es also um Rechte, die wir hier bei uns selbstverständlich finden. Dass man eben nicht einfach mal willkürlich verhaftet und ins Gefängnis geworfen werden kann und dass man, wenn man denn im Gefängnis landet, auf jeden Fall ein Richtervorbehalt notwendig ist, um mich da länger festzuhalten. Solche und ähnliche Regelungen sind eben ein Kennzeichen eines modernen Rechtstaates. Und natürlich gelten solche Rechte auch in den USA.

Es gab allerdings Ausnahmen. Zwar war das willkürliche Verhaften auch in den USA seit 1789 in der Verfassung untersagt, aber es gab die Möglichkeit im Falle einer Invasion oder von fortgeschrittenen Kriegshandlungen dieses Recht aussetzen zu können. Und etwas ähnliches hat man dann eben auch im Rahmen von Guantanamo gemacht, um die Häftlinge von Guantanamo daran zu hindern, zivilrechtlich gegen ihre Inhaftierung vorzugehen.

Abschließend codifiziert wurde das dann eben auch noch durch genannten Barack Obama, der das nationale Verteidigungsbevollmächtigungsgesetz 2012 unterschrieb. Und das ist besonders deswegen pikant, weil Obama selbst ja Verfassungsrechtler ist. Und da haben wir wieder diesen Zwiespalt zwischen der Macht des amerikanischen Präsidenten und der Ohnmacht, die in seiner Rolle steckt. Denn einerseits wollte Barack Obama erklärtermaßen von Anfang an Guantanamo loswerden. Es war seine erste executive Order, die er auf den Weg brachte. Und andererseits war er, obwohl er Verfassungsrechtler war, obwohl er ja eigentlich für eine eher freiheitliche Auslegung des Rechtsrahmens steht, mehr oder weniger dazu gebracht – ich will nicht sagen gezwungen, weil gemacht hat er es dann schon selber – ein sehr umfassendes Aussetzen von diesem wichtigen Grundrecht zu unterzeichnen.

Zwar betonte er beim Unterzeichnen, dass er das mit ernsthaften Bedenken täte, aber hey, wen stört denn das dann bei der Ausübung, dass der Präsident, als er seine Unterschrift drunter setzte, Bedenken hatte?

Für Hajiakbar, Häftling 282, war jedenfalls 2013 ein großes Jahr, denn da ist er zehn Jahre nach seiner Inhaftierung aus Guantanamo herausgekommen und zusammen mit zwei anderen Uighuren in die Slowakei gebracht worden. Uighuren sind eine chinesische Minderheit, von denen 22 in Guantanamo Bay festgehalten worden waren ohne wirklich einen Bezug zum islamischen Terrorismus oder den verschiedenen Antiterror-Kriegshandlungen der USA zu haben.

Was jetzt nun die Slowakei mit diesen Gefangenen gemacht hat, das konnte ich leider nicht herausfinden. Ich hoffe mal, dass er jetzt frei ist. Aber so richtig festmachen konnte ich es nicht. Die mediale Spur verläuft kaum dass er Guantanamo Bay Richtung Slowakei verlassen hat.

Bis bald.

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