327 StgB und Kernkraftwerke =^_^=

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Themenpate: @adamosbach

Es gibt für alles ein Gesetzt, so scheint mir. §327 regelt z.B. die Strafen für den unerlaubten Betrieb von Kernkraftwerken.

  • http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__327.html
  • http://www.taz.de/!715924/

Bild: By MephistoGF – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31369449

 

#327 StgB und Kernkraftwerke

Manchmal lese ich mir ja für den Anerzählt Texte durch, die ich ohne den Anerzählt garantiert in meinem ganzen Leben nicht gelesen hätte – so auch heute wieder. Den Themenwunsch von Adam Mosbach folgend habe ich mir nämlich heute den Gesetzestext zu § 327 StgB angeschaut. Jetzt fragst Du Dich bestimmt “Was war das noch gleich – 327 StgB… Ich komme da gleich drauf”. Ich helfe Dir ganz kurz: Das ist der Paragraph, der sich mit dem unerlaubten Betreiben von Anlagen beschäftigt.

Und gemeint sind da im weitesten Sinne genehmigungspflichtige, technische Anlagen, wie zum Beispiel – Moment, Du vermutest es vielleicht sogar… – Kernkraftwerke. Genau! Die brauchen nämlich eine Genehmigung. Und wenn diese Genehmigung nicht vorliegt und man dieses Kernkraftwerk trotzdem betreibt, dann verstößt man gegen § 327.

Ja, und das kann mit bis zu fünf Jahren Strafe oder Geldstrafe bestraft werden, im Fall eines Kernkraftwerks. Jetzt gibt es natürlich auch Anlagen, die nicht gleich unbedingt mit Kernbrennstäben und Strahlung zu tun haben, aber trotzdem genehmigungspflichtig sind. Solche Anlagen werden nach dem Bundesemissionsschutzgesetz genehmigt.

Wenn man also so eine Anlage bauen will, muss man noch bevor der erste Spatenstich getan wird, einen Fragenkatalog und ein Angebotsverfahren durchlaufen haben, an dessen Ende und einigen tausenden Euro später, hoffentlich, eine Genehmigung steht. Die kommt gerne mal unter bestimmten Auflagen. Und wenn man die nicht erfüllt, auch dann betreibt man eine Anlage ohne die Genehmigung zu besitzen und verstößt gegen § 327. Das sind aber dann unter Umständen nur noch drei Jahre oder Geldstrafe. Wenn man zum Beispiel so eine kleine Abfallentsorgungsanlage ohne Genehmigung betreibt. Oder eine Abwasserbehandlungsanlage. Kann ja schonmal vorkommen.

Und da habe ich mich dann erst mal gefragt, wie oft wird überhaupt eigentlich der § 327 StgB zur Anwendung gebracht? Das konnte ich jetzt nicht wirklich zweifelsfrei herausfinden. Aber was ich gefunden habe, war ein Artikel im Archiv der TAZ. Dort gibt es nämlich eine Rubrik, die heißt “Zahl der Woche” und dort war mal die Zahl der Woche 20.000 vermerkt. 20.000 Euro kostete es nämlich einmal ein Atomkraftwerk unerlaubt bedient zu haben. In der Anklage und Urteilsbegründung hieß es dann, die Betreiber hätten fahrlässig den Betrieb des Kernkraftwerks Obrigheim ohne die erforderliche Genehmigung wesentlich geändert.

Was war genau passiert? – Die Sicherheitseinspeisung für die Notkühlsysteme – und zwar für beide Notkühlsysteme – war nicht vollständig funktionsfähig. Naja … Und der verantwortliche Betriebsleiter hat sich gedacht: Bei so einem alten Kübel, da geht schon mal was kaputt. Damit müssen wir jetzt einfach mal so leben. Er hat dieses Kraftwerk jahrelang in dem Zustand betrieben. Da wurde angesichts der jahrelangen Schlamperei und “mutwilligen” Inkaufnahme eines technischen Risikos sogar noch milde geurteilt, weil nämlich – und das war der ausschlaggebende Grund, warum milde geurteilt wurde – es trotz allem immer noch genügend Notkühlwasser gegeben hätte, mit dem man im Notfall den Reaktorkern hätte fluten können. Das heißt, das Kraftwerk wäre zumindest nicht wegen diesem Fehler hochgegangen und uns um die Ohren geflogen – das ist ja schon mal beruhigend.

Weniger beruhigend ist, dass es da anscheinend kein Unrechtsbewusstsein existiert hat. Der Betreiber ließ nämlich verlauten, dass die Angeklagten nur aus verfahrensökonomischen Gründen akzeptiert hätten. Da wäre nämlich kein Schuldeingeständnis mit verbunden. Denn eigentlich sei man sich keiner Schuld bewusst. Ayayayay – da macht doch der Atomausstieg ganz plötzlich noch viel mehr Sinn.

Bis bald.

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