336 – Warum hat ein Golfball Dellen? =^_^=

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Themenpate: @drazraeltod

Golfbälle sind Wunderwerke der Technik und interessanter als ich es gedacht hätte. Zumindest interessant genug für die Länge einer typischen Folge des Anerzählt Podcasts.

Bild: Von Lotus Head from Johannesburg, Gauteng, South Africa – sxc.hu, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=96860

 

 

#336 – Warum hat ein Golfball Dellen?

Manchmal gibt es in der Themenpaten-Liste Vorschläge, bei denen frage ich mich, ob das wirklich genug Material für eine ganze Anerzählt-Folge hergibt. Und dann fange ich das Recherchieren an und es ist ein Fass ohne Boden! Und das ist ganz besonders bei den Themen, die sich ein bisschen nerdig anhören. Und genauso ist es auch heute.

Der Twitternutzer @drazraeltod schlug als Thema den Golfball vor und falls Du Golfspieler bist, dann verzeihe es mir bitte: Ich konnte bisher Golf überhaupt nichts abgewinnen. Ich habe einmal versucht Golf spielen, also abschlagen zu lernen. Außer einer Muskelzerrung und Blasen an den Händen, war das eine durch und durch, zwar anstrengende, aber auch sehr frustrierende Erfahrung.

Ich muss also zugeben, ich weiß nichts über den Golfball, oder zumindest wusste ich nichts über den Golfball, außer dass er klein, hart und irgendwie mit lauter so kleinen Grübchen übersät ist. Und das ist auch der Themenanker für heute, denn die Wikipedia behauptet, amerikanische Golfbälle hätten genau 336 von diesen Grübchen. Uuuund da lügt die Wikipedia.

Denn Golfbälle können ganz unterschiedlich beschaffen sein. Das geht mit 322 Grübchen los und hört mit ungefähr 432 Grübchen auf. Oder, wie der Experte dazu sagt: Dimple. Und mit Dimple ist jede kleine Delle, jedes Grübchen eben, gemeint, dass man auch bei uns im Deutschen Grübchen nennen würde. Also zum Beispiel auch wenn Du grinst, diese kleinen Löcher, die man dann in den Backen sieht, das sind Dimple.

Oder, wenn auf einer eigentlich ruhigen Wasserfläche plötzlich Regen niedergeht. Diese kleinen Dellen und Berg-/Tallandschaften, auch das sind Dimple. Und ich habe die Dinger ja bisher rein für Deko gehalten. Aber weit gefehlt! Denn diese Dimple haben einen ganz grundlegenden Einfluss da drauf, wie schnell so ein Ball fliegt; wie hoch so ein Ball fliegt und wie weit so ein Ball fliegt.

Wenn man beim Golf mit seinem Schläger einmal draufzimmert auf diesen Ball, dann trifft man den ja in irgendeinem Winkel und durch diesen Winkel wird der Ball dann beim Abflug in Rotation versetzt. Der dreht sich also. Während dieser Rotation verfängt sich der Luftstrom in diesen Dimpeln und je nachdem wie die geformt sind und wieviele das sind, erzeugt das einmal Stabilität und zum Zweiten Auftrieb. Und deswegen fliegt ein Golfball mit den Dimpeln ungefähr drei Mal weiter, als ein glatter Ball ohne Dimple fliegen würde.

Grund dafür ist die sogenannte Strömungsmechanik. Die unterscheidet zwischen Druck- und Reibungswiderstand. Bei einer Kugel hat man hauptsächlich Druckwiderstand. Der ist natürlich hauptsächlich vorne und je größer der Druckunterschied zwischen der Vorderseite und der Rückseite der Kugel ist, desto mehr Verwirbelungen gibt es hinten. Und diese Verwirbelungen bremsen einmal und sorgen für eine instabile Flugbahn.

Diese Dimple sorgen eben dafür, dass dieser Druckwiderstand abnimmt und zwar bis zu 50%. Und deswegen fliegt der Golfball so um die drei Mal weiter. Wenn man es rein mathematisch und physikalisch betrachten würde, wären bis zu vier Mal weiter möglich. Das hängt auch alles von der Schlagtechnik und von dem Können des Spielers ab, deswegen ist drei Mal eher die Größe, bei der man ankommt.

Golfbälle sind auf jeden Fall nicht nur irgendwie Plastikkugeln mit Dimpeln – nein, nein, nein, nein, nein! Die sind inzwischen richtig aufwendig konstruiert. In aller Regel sind das Kugeln mit einem Hartgummikern und mehreren Schichten aus verschiedenen Kunstharzen. Größe, Gewicht und Beschaffenheit, die unterliegen engen Regeln und Grenzwerten. Damit will man sicherstellen, dass ein Golfspieler nicht alleine durch die Wahl des entsprechenden Balls einen großen Unterschied im Ergebnis produzieren kann.

Trotzdem gibt es immer noch genügend Unterschiede und die machen so einiges aus, was das Handling des Balls angeht. Als Profispieler weiß man das natürlich und deswegen kann man von Herstellern von Golfbällen sich auch den perfekten Ball konfigurieren oder doch zumindest aus dem Angebot heraussuchen lassen. Sogenannte Golfball-Fitting-Systeme kommen dann da zum Einsatz.

Interessant ist übrigens, dass es keine Obergrenze gibt. Der Ball darf beliebig groß werden, aber er darf nicht kleiner als 42,67 Millimeter im Durchmesser sein. Kleine Bälle fliegen weiter, deswegen macht es natürlich Sinn, das Ding nicht so groß, wie einen Medizinball zu machen.

Rein größentechnisch sind dem Ball trotzdem Grenzen gesetzt. Er darf nämlich nicht mehr als 45,93 Gramm wiegen. Kleine Bleikugeln wären also auch nicht zulässig. Die Bälle werden ganz schön schnell und zwar schneller als der Schläger, mit dem man sie trifft. Der Grund dafür: Beim Aufprall des Schlägers werden die Bälle gestaucht und diese Energie entlädt sich dann während dem Flug. Und auch diese Geschwindigkeit ist reglementiert. Die darf nämlich die Geschwindigkeit von 76,2 Meter pro Sekunde bei einer Lufttemperatur von 23 Grad nicht überschreiten.

Ja und dann gibt es noch eine maximal erlaubte Reichweite bei einem Standardschlag. Bei einer Schlägerkopfgeschwindigkeit von 48,8 Meter pro Sekunde, darf so ein Ball nicht weiter als rund 270 Meter fliegen. Und auch, wenn so eine Art Geschwindigkeitsbegrenzung bei bestimmten Normschlägen gibt, es ist trotzdem so, dass immer mal wieder Golfabschlagsrekorde erzielt werden. Golf ist damit auch der schnellste Ballsport der Welt und erreicht im Augenblick 328,3 Km/h. Irgendwie auch ziemlich nah an unserem heutigen Themenanker. Wenn der nur ein bisschen fester drauf gedängelt hätte, wären wir auch bei den 336 angekommen.

Bis bald.

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