====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
Themenpate: @Nicht_Sicher_
Manfred Klauda war Jurist und Sammler. Von Tretautos bis Nachttöpfen und allem dazwischen war nichts vor ihm sicher. Deswegen können wir heute auch über 8000 Exemplare nächtlicher Toilettenkultur bewundern und uns über einen Tretauto-Rekord freuen.
- http://www.tagesspiegel.de/kultur/nachttopf-museum-hocken-auf-erlesenem-meissener-porzellan/207486.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Nachttopf
- https://de.wikipedia.org/wiki/Bourdalou
- https://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Bourdaloue
Bild: CC0, Pixabay, https://pixabay.com/en/apartment-bedroom-shoes-chamber-pot-852917/
Die heutige Folge ist mal wieder so ein Beispiel für Wissen, das kein Mensch braucht, das ich aber nie wieder vergessen werde. Fest eingebrannt, besetzt jetzt wichtige Gehirnzellen – ich kann nichts dagegen tun, außer vielleicht auf @Nicht_Sicher zu deuten, der als Themenpate heute an der Misere schuld ist. Der hat nämlich vorgeschlagen, über Manfred Klauda zu sprechen.
Manfred Klauda ist nämlich mit einem Tretauto 458 km von München nach Dresden gefahren – was man halt so macht. Manfred Klauda fuhr nicht nur gerne Tretauto, nein, nein, der sammelte auch Nachttöpfe und hat damit die größte Nachttopfsammlung der Welt.
Was ist nun ein Nachttopf? Besonders für unsere jüngeren Zuhörer, also Zuhörer unter 80 Jahren, hier noch einmal ganz kurz erklärt:
Nachttöpfe, das sind Porzellanschüsseln die man sich früher unter das Bett gestellt hat, damit man eben, wenn man nachts Pipi muss, nicht aufstehen und auf das Klo laufen muss, sondern sein Geschäft gleich an Ort und Stelle verrichten kann. Die hat man dann unter dem Bett stehen lassen und am nächsten Morgen irgendwohin entleert.
Praktisch so ein Nachttopf. Das macht heute natürlich niemand mehr. Oder? Oder? Ja, jedenfalls musste auf diese Idee mit diesen Porzellanschüsseln auch jemand zum ersten mal gekommen sein. Diese, doch recht zweifelhafte Ehre wird einem französischen Jesuiten zugeschrieben. Louis Bourdaloue hat von 1632 – 1704 geprädigt und soll so charismatisch geprädigt haben, dass besonders Frauen gar nicht mehr weghören wollten. Anscheinend hat er auch ohne Punkt und Komma geredet. Seine Predigten haben also solange gedauert, dass die Mädels kaum eine andere Chance hatten, zwischendurch eine Pipipause einzulegen.
Jetzt waren aber die Predigten so ergreifend und spannend, – ich frage mich, worüber der Mann gesprochen hat – dass die Damen eben nichts, nicht ein Wort davon verpassen wollten. Also, so weiß es die Überlieferung, haben sich die Damen, bevor sie in eine der Predigten von Louis Bourdaloue gingen, kurz einmal noch in der Küche jeweils eine Saucièren geliehen. Dann hat es wahrscheinlich immer zwischendurch immer wieder mal irgendwo aus den Reihen heraus geplätschert. Ich würde sagen, eigentlich war Louis ein ganz früher Podcaster, da hätten die Mädels dann auch einfach kurz Pause drücken können, wenn die Predigt zu lange geworden wäre.
Ja, solche Pinkelpötte gab es relativ noch lange, noch bis 1980 haben die Schlafzüge, also die Nachtzüge der Deutschen Bahn, in ihren Schlafwagenabteilen einen Pinkelpott bereit gehalten.
Wie dem auch sei, Pinkelpötte – kann man sich auch gut vorstellen- waren natürlich irgendwann auch Standessymbole. Je hochrangiger die Dame, die hinein gestrullert hat, desto aufwendiger verziert und wertvoller das Gefäß. Das hat irgendwann einmal Manfred Klauda entdeckt, denn er hat alles mögliche gesammelt.
Als Jurist hat er anscheinend genau dafür das nötige Kleingeld und die nötige Zeit gehabt. Und der hat dann wohl 1979 in Bayreuth seine ersten 39 Nachttöpfe ersteigert. Ich frage mich, wie er das seiner Frau vermittelt hat – Schatz, ich habe da was ganz besonderes gefunden! Ich konnte einfach nicht widerstehen. Andererseits war die wahrscheinlich schon einiges gewöhnt, denn von Klauda weiß man, dass er Tretautos, Osterhasen, Parfümflaschen oder auch viele kleine und nicht so kleine Originalitäten aus dem Nachlass der österreichischen Kaiserin Sissi gesammelt hat. Die haben dann auch ganz super zu den Vorhängeschlössern, den Schutzengeln und den Wolperdingern oder zur Korkenziehersammlung gepasst. Aber egal…
Rund 8000 Nachttöpfe jedenfalls wurden nach dem Tod Klaudas an das Zentrum für außergewöhnliche Museen verliehen – ja so etwas gibt es. In Kreut kann man die eben neben vielen der anderen ehhh “Schmuckstücke?” ehhh bewundern. Bewundern kann man es auf jeden Fall.
Die 458 km im Tretauto, die hat Klauda ins Guinnessbuch der Rekorde gebracht. Eigentlich wollte er damit nur einmal darstellen, dass die Distanz von München nach Dresden so kurz ist, dass man sie sogar mit einem Kindertretauto bewältigen kann.
Bis bald.
2 Kommentare
Im Blogbeitrag steht Michael, statt Manfred Klauda…
Link zum Wikipediaartikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Klauda
Danke für den Hinweis!