====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
Gander ist ein 15000 Personen Städchen in Kanada und war am 11. September 2001 Ziel von 53 Flugzeugen, alle dorthin umgeleitet als die amerikanische Regierung den gesamten Luftraum sperrte.
http://www.snopes.com/rumors/gander.asp
https://tcfapp.org/SecureFolder/Scholarship/ScholarshipDetails.aspx?ScholarshipKey=175
http://www.atlanticbusinessmagazine.net/wp-content/uploads/2013/12/v22n5_UpFront.pdf
Bild: https://anotherwritewingconspirator.wordpress.com/2010/02/28/that-surreal-detour-to-gander/
Es waren ruhige planmäßige fünf Stunden gewesen für Delta Flight 15. Nach einem planmäßigen Start in Frankfurt, befand sich das Flugzeug über dem Nordatlantik. Die Kabinenbesatzung hatte die Kabine abgedunkelt und machte sich bereit, ihre erste Pause zu machen. Plötzlich wurde der Purser des Flugs vor ins Cockpit gebeten.
Der Kapitän drückte ihm wortlos einen Zettel in die Hand. Auf diesem Zettel stand “All airways over the continental US are closed. Land ASAP on the nearest airport. Advise your destination”. Zu deutsch: Der gesamte Flugraum über Amerika ist geschlossen. Landen Sie so schnell wie möglich beim nächstgelegenen Flughafen und teilen Sie uns Ihre Position mit.
Nun muss man mehrere Sachen sagen: Einmal: Von der Flugsicherung kommt so eine Ansage normalerweise nie. Da ist immer ein Vorschlag für einen Flughafen dabei. Die Tatsache, dass dieses Mal keiner dabei war, sagte schon was für sich selbst aus. Der nächstgelegene Flughafen war 400 Meilen weit weg. Gander, auf der Insel Neufundland.
Der Pilot machte eine schnelle Anfrage beim kanadischen Airtraffic Controle, drehte die Maschine und nahm Kurs auf Gander. Nach und nach kamen erste Informationen durch. Es wurde beispielsweise mitgeteilt, dass so schnell wie möglich gelandet werden müsse und dass es irgendeine terroristische Aktivität in New York gegeben habe.
Die Crew wurde komplett gebrieft, schließlich muss ja so ein Flugzeug auch für die Landung vorbereitet werden. Aber natürlich hat man den Passagieren jetzt zunächst mal nicht gleich reinen Wein eingeschenkt. Erstens mal wusste man an Board sowieso nicht so richtig, was passiert ist und zweitens galt es natürlich auch eine Panik zu vermeiden. Ergo wurde den Passagieren gesagt, es gab ein Instrumentenproblem und deswegen wäre man gezwungen, einen anderen Flughafen anzusteuern und würde dann in Gander dafür landen und das Problem beheben lassen.
Tja. Man muss wissen: Gander ist eine Stadt mit ungefähr 10.000 Einwohnern. Es ist also das, was man wirklich getrost eine Kleinstadt nennen kann. Insgesamt gibt es 550 Hotelzimmer und es liegt auf der nordöstlichen Seite von Kanada. Letztlich war das früher immer ein Zwischenstopp für Transatlantikflüge gewesen, die dort aufgetankt wurden. Inzwischen war es aber wieder sehr ruhig um diesen Flughafen geworden. Je nach dem, welchen Bericht von dieser besagten Begebenheit man liest, sollen zwischen 39 und 53 Flugzeuge an diesem besagten Tag in Gander gelandet sein. So eben auch Delta Flight 15.
Stellen wir uns mal für einen kurzen Augenblick die Situation vor: Transatlantikflüge, dicht gefüllt, 300 Personen an Board, irgendwas um die 40 bis 50 von diesen Maschinen landen plötzlich auf einem Kleinstadt-Flughafen. Was auch völlig klar ist: Beim Blick aus dem Fenster, muss allen Passagieren sofort bewusst gewesen sein, dass das eine völlig außergewöhnliche Situation ist.
Es war natürlich der 11. September; die terroristischen Anschläge auf’s World Trade Center. Und der bis dahin einmalige Fall, in dem ein kompletter Kontinent den Flugverkehr eingestellt hat. Man wusste auch nicht genau, was die grundsätzliche Situation ist. Deswegen wurde auch allen Flugzeugen verboten, die Passagiere aussteigen zu lassen. Diese Maschinen in Gander haben also die erste Nacht mit all ihren Passagieren dort am Boden verbracht. Sie wurden vom Bodenpersonal nach Kräften versorgt, aber zunächst mal steckten alle dort fest.
Dafür gab es bemerkenswert wenig Probleme und Zischenfälle. Die besondere Situation und inzwischen kamen natürlich auch Informationen herein und wurden von der Crew weitergegeben, sorgte dafür, dass die Menschen Ruhe bewahrten und zusammenhielten. Nach 23 Stunden war klar, dass die Insassen der Flugzeuge aussteigen durften und die Stadt Gander hatte sich inzwischen auf die Besucher vorbereitet. Praktisch alle lokalen Geschäfte hatten Kleidung, Lebensmittel, Decken usw. Zahnbürsten, Zahnpasta gespendet und die Anwohner organisierten Touren in die Umgebung, nahmen zum Teil die Passagiere persönlich auf und kümmerten sich mehrere Tage bis eben wieder eine Freigabe für den Abflug existierte, um diese fast 7.000 Leute, die dort gestrandet waren.
Die gestrandeten Passagiere von nicht nur Delta Flight 15 waren natürlich unheimlich dankbar für die ihnen gezeigte Gastfreundschaft. Und spontan kam es so zur Gründung eines Scholarship Funds – also, eines Funds zur Finanzierung von Studiengebühren, würde man in Deutschland sagen. Das amerikanische Schulsystem ist ja relativ teuer und dieser Funds hat sich zum Ziel gesetzt Danke zu sagen, in dem Studenten aus Gander aktiv dabei geholfen wird, ihre Studiengebühr zu bezahlen.
1,5 Mio. Dollar sind inzwischen in diesem Funds geflossen. Damals kamen noch vor dem Start spontan mehrere 10.000 Dollar zusammen. Das nenne ich mal Willkommenskultur und eine wirklich schöne Geschichte, die in diesem gesamten Wahnsinn rund um den 11. September wirklich mal positiv heraussticht.
Bis bald.