====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
„Sind knapp 300 Jahre nur erfunden? Leben wir im Jahre 1719?
https://de.wikipedia.org/wiki/Erfundenes_Mittelalter
https://www.welt.de/kultur/article5229635/Wie-man-Karl-den-Grossen-aus-der-Geschichte-tilgt.html
http://de.verschwoerungstheorien.wikia.com/wiki/Phantomzeit
https://www.youtube.com/watch?v=H1FLhzjYbvA
http://cba.fro.at/76175
http://cba.fro.at/76188
http://cba.fro.at/76197
Bild: Von Michel Wolgemut, Wilhelm Pleydenwurff (Text: Hartmann Schedel) – Eigenes Werk (scan from original book), Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=872178
Mondlandung, Chemtrails, die Weltverschwörung der Illuminaten – Verschwörungstheorien gibt es genug und die meisten davon haben gemeinsam, dass sie doch so einiges an Zusammenarbeit von vielen verschiedenen Leuten bräuchten, um Wirklichkeit zu werden. Und trotzdem scheint ja jede einzelne Verschwörungstheorie ihre Fangemeinde zu haben. So auch die sogenannte Fantomzeittheorie, die davon ausgeht, dass 297 Jahre unserer Geschichte eigentlich nie existiert haben.
Das Ganze ist eine populäre Idee des Forschers Heribert Illig. Der hat sich irgendwann mit der mittelalterlichen Geschichte beschäftigt und dabei auch eine ganze Menge Fälschungen gesehen, die es in der Zeit eben gegeben hat. Und da fragte er sich, ob es solche Fälschungen nicht unter Umständen auch etwas systematischer entstanden sein könnten, um zum Beispiel Machtansprüche zu untermalen oder ähnliches.
Und dann hat Heribert sich mal hingesetzt und hat Schaltjahre nachgerechnet. Du weißt ja, Schaltjahre dienen dazu auftretende Fehler im gregorianischen Kalender regelmäßig zu korrigieren und die hat man wohl – zumindest nach Heriberts Behauptung – nicht immer so eingehalten, wie man sie hätte einhalten müssen. Jedenfalls hat er hin- und hergerechnet und kam dann eben irgendwann auf ein Delta von 297 Jahren.
Was heißt das jetzt konkret? Das heißt, dass wir eigentlich nicht im Jahr 2016 leben, sondern im Jahr 1719. Es wurden also irgendwie 300 Jahre dazu erfunden. Und warum man das hätte tun sollen, na dafür gibt es mehrere mögliche Erklärungen.
Eine der populäreren dreht sich um Kaiser Otto III. Der hätte nämlich eigentlich unglaublich gerne im Jahr 1000 leben wollen. Im Jahr 1000 oder bzw. nach dem Jahr 1000, so hieß es nämlich, würde der Messias wieder auf die Erde kommen. Und da wollte doch der Kaiser Otto III. gerne mit dabei sein.
Leider hatte das ganze einen Schönheitsfehler: Es war nunmal erst das Jahr 700. Und da soll sich eben Kaiser Otto III. mit Papst Silvester II. zusammengesetzt haben und einfach mal beschlossen haben, diese 300 Jahre einfach draufzuerfinden. Es hätte nämlich der Otto und der Silvester einfach mal alle Schreibstuben und Kanzleien im mittleren Westeuropa angewiesen, statt im Jahr 700, im Jahr 999 zu leben und entsprechende Dokumente auszustellen.
Und dann, dann soll es auch noch so gewesen sein, dass es Geschichte nachzureichen gab. Und da wären berittene Kuriere einmal quer durch die gesamte europäische Welt geritten und hätten Musterbücher verteilt, die diese Geschichten enthalten hätten und die dann fleißig abgeschrieben worden seien. Und noch heute – so die Idee von Illig – lernen wir in der Schule die Geschichten, die da drin gestanden hatten.
Und um diese 300 Jahre zu überbrücken, mussten auch so manche Biografien und Geschichten erfunden werden. Die Prominenteste dieser Geschichten und die, wegen der diese Theorie auch richtig Aufruhr produziert hat, war Karl der Große. Den hat es nämlich – laut Illig – eigentlich gar nicht gegeben. Er und seine gesamte Nachfolgschaft wäre eine freie Erfindung und eben kein wissenschaftliches, geschichtliches Faktum.
Und seit über 20 Jahren nun vertritt Illig diese These in Vorträgen, in Büchern, in Videos, in Reportagen, in Interviews. Die Herausforderung derer er sich nämlich stellen muss, ist der etablierte Wissenschaftsbetrieb. Laut Geschichtswissenschaftlern ist es nämlich eigentlich undenkbar, dass eine derart groß angelegte Verschwörung im Ernst erfolgreich durchgeführt hätte werden können, ohne dass wir davon einen Beleg haben.
Illig hält dagegen systematische Datierungsfehler, die er nachgewiesen zu haben glaubt. So ist zum Beispiel der Aachener Dom seiner Meinung nach längst nicht so alt, wie wir alle glauben. Und die 7000 Dokumente, die es ungefähr aus der Zeit Karl des Großen gibt, die eigentlich auf viele Details hinweisen, die laut Illig nicht existieren, die stellt er auch ganz grundsätzlich infrage.
Historiker allerdings halten ihn für einen Quacksalber. Sie sagen, der Grad an Verschwörung ist eigentlich sowieso schon nicht denkbar und wäre er wirklich vorstellbar, dann hätten die Kuriere damals Tag und Nacht über Monate hinweg reiten müssen. Alle Mönche hätten mitmachen müssen und die Lügen bereitwillig abschreiben und wirklich niemand hätte sich aufraffen dürfen, diese Vorgänge irgendwo festzuhalten oder zu beschreiben. Und allein deswegen halten Historiker die Fantomzeittheorie für – naja – Quatsch. Und deswegen wird es auch weiterhin Karl den Großen und genau diese Zeit im Unterricht zum lernen geben.
Und ich, ich bedanke mich jetzt mal beim Themenpaten @adamosbach, der die 297 erfundenen Mittelalterjahre als Thema vorgeschlagen hat.
Bis bald.