====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
Themenpate: @zmahlzeit
Air France Flug 447 stürzte im Jahr 2009 nach einer Verkettung von technischen und menschlichen Fehlern über dem Atlantik ab. Die Aufarbeitung dauert bis heute an.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Air-France-Flug_447
- http://hiop-af447.de/
- https://de.wikipedia.org/wiki/Strömungsabriss
- https://de.wikipedia.org/wiki/Airbus
- https://de.wikipedia.org/wiki/Listen_von_Flugunfällen
Bild: By Pawel Kierzkowski – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7937860
Ich bin Vielflieger und ich fühle mich in Flugzeugen wohl. In über 15 Jahren regelmäßig durch die Gegend fliegen, gab es nicht eine Situation, in der ich mich wirklich unsicher und unwohl gefühlt habe. Trotzdem verstehe ich jeden, dem es da anders geht, denn Geschichten von Flugzeugabstürzen sind schon immer ganz besonders gruselig und beunruhigend. Insbesondere dann, wenn sich, wie bei der heutigen Folge, Technik und Menschen in die Quere kommen.
@zmahlzeit hat heute als Thema den Absturz des Fluges Air France 447 vorgeschlagen. Ich schicke es gleich einmal vorweg: Wenn Du jemand bist, der in Flugzeugen eher nervös ist, willst Du Dir diese Episode vielleicht nicht ganz anhören. Trotzdem werde ich persönlich auch weiterhin beruhigt in Flugzeuge steigen. Aber da ist natürlich auch jeder anders gestrickt.
Zum heutigen Thema: Air France Flug 447 war ein Linienflug der Air France von Rio de Janeiro nach Paris. An Bord waren damals 228 Insassen und geflogen wurde und wird immer noch mit State of the Art Flugzeugtechnik.
Der A330 ist eines dieser Flugzeuge, die man mit einer Art Joystick kontrolliert und bei denen die Piloten, nicht mehr direkt per Kabelzug auf die Höhenruder und Seitenruder zugreifen können. Diese Airbusse sind randvoll mit Technik. Diese Technik macht generell die heutigen Flugzeuge zu den sichersten, was die Menschheit an Transportmitteln entwickelt hat – wenn sie funktioniert. Wenn sie einmal nicht funktioniert, dann kann eigentlich nur noch Glück und eine hervorragend ausgebildete geistesgegenwärtige Crew helfen.
Die Passagiere von Flug 447 hatten da sozusagen in zweierlei Hinsicht Pech. Denn nicht nur versagte die Technik, als Flug 447 in ein Unwetter geriet – die drei erfahrenen Piloten an Bord verstanden die Situation nicht richtig und machten dann genau das Falsche. Als nämlich bei dem Flugzeug der Autopilot und die Geschwindigkeitsanzeige ausfielen, deuteten sie die Anzeigen falsch. Durch eine ganze Reihe falscher Reaktionen produzierten sie, was man in der Fliegerei einen Strömungsabriss nennt. Der tritt ein, wenn das Flugzeug eben nicht die richtige Kombination aus Geschwindigkeit und Anflugwinkel hat. Eine abgerissene Strömung bedeutet, kein Auftrieb. Kein Auftrieb bedeutet, man fällt buchstäblich wie ein Stein vom Himmel. Piloten können darauf richtig reagieren, wenn sie die Situation richtig einschätzen. Das haben die Piloten von Air France 447 allerdings nicht getan.
[Auszug Video]
In dem Video von M24, das ich natürlich auch in den Shownotes verlinke, sieht man, wie die beiden Piloten die ganze Zeit immer im Wechsel versuchen, mit ihren Steuersticks die Kontrolle über das Flugzeug zu übernehmen. Im wesentlichen die ganze Zeit das Flugzeug hochziehen wollen. Wenn dafür die Geschwindigkeit eines Passagierflugzeuges aber nicht stimmt, dann kommt es irgendwann zum Strömungsabriss und genau das ist bei dieser Maschine dann passiert. Strömungsabriss hieß in dem Fall, von 9.000 Metern Flughöhe freier Fall praktisch nach unten. Piloten können darauf reagieren. Moderne Passagierflugzeuge sind gutmütig, das heißt, die wollen eigentlich stabil fliegen und es gibt Manöver, mit denen man aus dieser Strömungsabrisssituation wieder rauskommen kann. Besonders, wenn man 9.000 Meter Zeit hat, genau das zu tun. Unter der Maschine befindet sich freier Atlantik, also nicht etwa Berge oder so.
[Auszug Video]
Drei Piloten, die alle drei nicht wissen was passiert.
[Auszug Video]
Es gab insgesamt fünf Suchaktionen, bei denen unter anderem auch das Wrack lokalisiert und letztlich auch die sogenannten Blackboxen geborgen wurden, von denen wir wissen, was sich in den letzten Minuten vor dem Aufschlag im Cockpit abgespielt hat.
Die Aufarbeitung dieses Unglücks brachte dann auch so einiges hervor. Zum Beispiel hatten die Piloten ganz klar keine Erfahrung und viel zu wenig Übung darin, einen Airbus, der im vollständigen manuellen Steuerungsmodus schaltet, in dieser Situation richtig zu bedienen und zu fliegen. Außerdem war es auch so, dass die Signale falsch gedeutet wurden. Die Piloten wussten zum Beispiel nicht wie man mit der falschen Geschwindigkeitsanzeige umgehen musste. Garantiert hat es auch nicht geholfen, dass die zum Schluss zu dritt versucht haben, dieses Flugzeug unter Kontrolle zu bringen. Am Ende war es eine Kombination aus technischem Versagen, nämlich dem Vereisen dieser Sensoren und der Reaktion des Flugzeugs darauf und menschlichem Versagen, entstanden aus einer unzureichenden Ausbildung. Oder so zumindest das Ergebnis der Untersuchung.
Die Hinterbliebenen sehen das freilich anders. Deren Sicht lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Drei erfahrene Piloten waren nicht fähig, ein Flugzeug, das dafür konzipiert ist alleine fliegen zu können, in der Luft zu halten. Sie verweisen auf Probleme mit der Sensorik, die besonders diese Maschine schon in der Vergangenheit gehabt hatte. Sie deuten auf konzeptionelle Mängel, die sie meinen, bei Airbus ausfindig gemacht zu haben. Sie haben das Gefühl, dass Politik und Wirtschaft diesen Vorfall gar nicht fertig untersuchen wollen, weil es sein könnte, dass man danach Airbus umbauen, Regeln anpassen und dadurch unter Umständen große Kosten ins Auge blicken müsste.
Auf der anderen Seite, wer sich die Absturzstatistik der Airbusse auf dieser Welt anschaut, wird irgendwann zu dem Ergebnis kommen, so gefährlich sind die Maschinen dann wieder nicht. Da kam es in 15 Jahren zu 12 Abstürzen, das ist bei knapp 9.500 Flugzeugen der Marke Airbus, die jeden Tag im Einsatz sind, wirklich nicht viele.
Zu jedem gegeben Zeitpunkt – habe ich einmal gelesen- befinden sich ungefähr 3 Mio. Menschen in der Luft. Eine große Zahl befindet sich in Airbusflugzeugen. Damit will ich jetzt auch einmal enden. Flugzeugabstürze sind tragisch, besonders wenn sie wie im Fall von Air France 447 mit etwas genauerer Ausbildung verhindert hätten werden könnten. Aber die Flugbranche, wie keine andere, lernt systematisch von solchen Fehlern. Deswegen ist die Welt der Luftfahrt nach diesem Unfall garantiert auch ein kleines bisschen sicherer für alle anderen geworden.
Bis bald.