Elf – Mehr als ein Ballspiel =^_^=

====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====

Am Anfang war… der Ball… Naja, zugegeben, König Fußball war vielleicht nicht schon immer da, aber doch schon ziemlich lang und man kann auch heute noch in – wo anders – Großbritannien einem Spiel nach antiken Regeln beiwohnen. Das kommt dann auch ganz ohne Abseits aus.

Episodenlinks & -quellen:

 

#011 –  Elf – Mehr als ein Ballspiel

Bereits mein gesamtes Lebens, solange ich zurückdenken kann, hat mich Fußball nicht im Geringsten interessiert. Bis heute. Bis zu diesem Podcast.

Denn mit der Elf kam ich auf die Idee mich mal damit zu beschäftigen, wo Fußball eigentlich herkommt.

Ich dachte ja immer, praktisch alle Ballspiele kommen in irgendeiner Form aus Großbritannien und tatsächlich, wenn man sich damit beschäftigt, stellt man fest: Praktisch alle modernen Ballspiele und ihre Regelwerke haben ihren Weg zumindest durch Großbritannien genommen.

Das war allerdings eine Sportart, die fast eher, wie… ja… American Football ohne Schutz aussah und Prügelelemente enthielt. Es gab relativ wenige Regeln und es ging auch nicht notwendigerweise darum, den Ball immer zu kicken, sondern der konnte auch ins Ziel getragen werden.

Tatsächlich haben aber auch schon Völker vor den Briten Ballspiele ähnlicher Machart gespielt. Zum Beispiel gibt es Nachweise, dass in China im zweiten und dritten Jahrhundert v. Chr. oder auch im antiken Japan Spiele gespielt wurden, bei denen Bälle in einfache Netze getreten oder getragen werden mussten. Aber das ist auch nicht die älteste überlieferte Variante von Ballspielen dieser Art.

Tatsächlich kann man bis zu 3.500 Jahre v. Chr. Hinweise darauf finden, dass in Mesopotanien und ganz generell dem amerikanischen Kontinent ein Spiel namens Ballspiel gespielt wurde, bei dem ab irgendeinem Punkt sogar ein Gummiball im Einsatz war und die Aufgabe darin bestand, zwischen zwei Mannschaften einen Ball durch einen eigens dafür konstruierten Ring zu kicken, werfen, treten, bolzen, was auch immer.

Das Spiel war auch nur begrenzt der reinen Unterhaltung dienlich. Es konnte durchaus dafür verwendet werden, um Vorhersagen über die Zukunft zu treffen und die unterlegenen Mannschaft, je nach dem warum ein Spiel durchgeführt wurde, riskierte durchaus buchstäblich Kopf und Kragen. Denn es gibt Hinweise darauf, dass Spiele auch buchstäblich um ihr Leben spielten und die Verlierer unter Umständen gleich auch noch rituell geopfert oder zumindest hingerichtet wurden.  

Überhaupt haben diese Spiele aber wie gesagt nur entfernt etwas mit dem heutigen Fußball zu tun. Es gab in aller Regel zwei Mannschaften. Es gab einen Ball und es gab Tore oder Zielareale, in die dieser Ball gebracht werden musste. Das sind in aller Regel die Gemeinsamkeiten, die sich festmachen lassen. Danach gibt es eine weite Variation. Spielfelder, die ungefähr so groß sind, wie heutige Fußballfelder bishin zu mehreren Kilometern Distanzen, die zurückgelegt werden mussten, um nur ein Beispiel zu nennen. Mannschaften aus drei bis fünf Spielern bishin zu Tausenden, die gegeineinander antraten, um zum Beispiel einen Zwist zu entscheiden, oder mit einem Spiel anzufangen und mit einer Massenschlägerei zu enden. Man weiß ja nicht.

Das heißt, manche dieser Spiele haben nur sehr, sehr wenig mit unserem Fußball heute zu tun. Ich kann mir aber vorstellen, dass die trotzdem spaßig waren beizuwohnen. Würdest Du auch gerne wissen, wie sowas wohl ausgesehen oder sich angefühlt haben muss?

Es kann Dir geholfen werden. Es gibt nämlich einen Ort in England, Ashbourne, in dem noch einmal im Jahr so Fußball gespielt wird, wie mindestens vor mehreren Hundert Jahren. Der erste dokumentierte Spielstand ist aus dem Jahr 1667 und seither findet das Spiel jedes Jahr statt. Die Rede ist vom Royal Shrovetide  Football.

Bei dem Spiel treten zwei Mannschaften gegeneinander an, die dadurch bestimmt werden, auf welcher Seite des Flusses sie geboren wurden, der einmal quer durch Ashbourne führt und es gibt keine maximale Anzahl Spieler. Das heißt, buchstäblich die gesamte Ortschaft tritt gegeneinander an. Das ganze findet jedes Jahr zwischen Shrove Tuesday und Ash Wednesday statt und ist für die Ashbourner ein Riesending.

Der Ball ist relativ groß und relativ schwer. Der wird jedes Jahr neu gefertigt speziell für dieses Spiel. Es gibt jemanden in Ashbourne, der traditionell jedes Jahr diesen Ball fertigt, nach überlieferter alter Handwerkskunst. Es ist eine Ehre zu den Torschützen zu gehören. Wenn man Torschütze gar nicht sagen kann. Denn das Ziel ist es, zu einem von zwei Steinen zu gelangen und den Ball dreimal auf den jeweiligen Stein zu tragen, um einen Punkt zu machen.

Matches wie das gab es früher in ganz England. Oft sind da auch Städte gegeneinander angetreten. Es wurden Streitigkeiten auf die Art beigelegt und das Spiel selber ist sehr gut dafür geeignet, denn es gibt praktisch keine Regeln bzw. es gibt eine Regel: Do not murder. Das heißt, es ist nicht erlaubt, jemanden umzubringen. Alles andere ist aber möglich. Das heißt, die Szenen ähneln tatsächlich eher einer Massen- oder Kneipenschlägerei als einem Fußballspiel, wie wir es heute kennen. Aber die Spieler haben sichtlich einen Mordsspaß dabei, wie man sich vorstellen kann.

Da diese Spiele aber tatsächlich recht rau ausgetragen wurden und eher Prügeleien galten, hat die Geschichte des Fußballs seine Auf und Ab’s produziert. So war es sogar eine Weile lang so, dass Fußball von King Edward III komplett verboten wurde – 1365 war das – da es sichtlich mehr um Gewaltexzesse als um Spiele oder Spaß ging dabei.

Später dann, im 19. Jahrhundert, war Fußball eine sehr populäre und speziell auch an Universitäten stark vertretene Sportart. Es dauerte bis 1863 bevor wir die ersten dokumentierten, formalen Regeln für Fußball haben. Aufgestellt wurden die von elf Repräsentanten der Londoner Clubs und Schulen, die sich in einer Freimaurerkneipe trafen, um sich über grundlegende Regeln zu verständigen. Später dann spaltete sich Rugby als Sportart ab und 1869 gab es dann tatsächlich ein Regelwerk, dass unserem modernen Fußball nahe kommt und zum Beispiel die Berührung des Balls mit der Hand komplett verbot.

Aus dieser Zeit stammt allerdings auch die Regel, dass es elf Spieler sein müssen, die auf dem Platz um den Ball kämpfen. Ursprünglich waren mal 15 bis 20 Spieler festgelegt worden und zeitnah zu dem Handspielverbot, wurde diese Zahl dann auch auf elf herabgesetzt und gilt seither. Dieses neustrukturierte Fußball war sehr schnell, sehr populär. Die Italiener, Österreicher und Deutschen verbreiteten diese Spielart in Europa. Die Argentinier, Brasilianer, Uruguayer brachten es nach Südamerika.

1904 gründete sich dann die FIFA, die uns heute eher durch ihre Korruptionsskandale präsent sein dürfte. Ja… und alles fing vor über 3.500 Jahren mit dem Rumkicken von Leder- oder Gummibällen an. Schon irgendwie ziemlich cool! Und anders als ich dachte, haben es eben nur zum Teil die Briten erfunden. Eigentlich waren es die antiken Völker. Das hätte ich nicht gedacht. Und Du vielleicht auch nicht. Bis ich diesen Podcast gebaut habe und Du ihn Dir angehört hast. Cool irgendwie.

Bis morgen.

Schreibe einen Kommentar