103 – Sir John Herschel =^_^=

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Sir John Herschel sieht nicht nur ein klein wenig aus wie Einstein, er war auch wie er einer der ganz Großen. Als Astronom kartografierte er den Himmel und entwickelte Teleskope, als Botaniker beeinflusste er Darwins Theorien und als Photograph hinterließ er einen Schatz an Zeitdokumenten…

Bild: Wikipedia

 

#103 – Sir John Herschel

Wenn Du Dir die Mühe machst, abends rauszugehen und das Glück hast, in einer lichtarmen Gegend zu wohnen und Du schaust in den Himmel, dann siehst Du viele, viele, viele leuchtende Sterne. Bis zu 5.000 Sterne lassen sich bei idealen Bedingungen am Himmel mit bloßem Auge erkennen.

Ich habe letztes Jahr mit meiner Familie Urlaub in Schweden gemacht und wir waren im Nirgendwo, in der Pampa. Und den Anblick des nächtlichen Sternenhimmels werde ich so schnell nicht wieder vergessen.

Alle leuchtenden Objekte, die man da sehen kann, alle Sterne eben, sind natürlich inzwischen katalogisiert, erfasst und fotografiert. Seit Jahrhunderten beobachten wir systematisch den Sternenhimmel und es gibt einen Katalog – den New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars, abgekürzt: NGC – in dem alle Objekte, die wir kennen zusammengefasst werden.

Der Katalog enthält 7.840 Objekte und wurde zum ersten Mal 1888 herausgegeben und damit passte er in seine Zeit, denn es war ein Jahrhundert astronomischer Entdeckungen und auch ein Jahrhundert, in dem astronomische, wissenschaftliche Forschungen so richtig Fahrt aufnahmen. Eine der schillerndsten und wichtigsten Figuren dieser Arbeit in diesem Jahrhundert war ein Mann namens Sir John Frederick William Herschel. Den kann man eigentlich nur als einen Universalgelehrten alter Schule bezeichnen und ein unglaublich beeindruckender Mann.

Herschel war 1792 in Großbritannien zur Welt gekommen und sein Vater war ebenfalls ein bekannter Astronom. Doch wie es manchmal so ist, wollte Herschel zunächst mal nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten. Er trat ein Studium an und wollte zunächst Jurist werden. Es dauerte nicht allzu lange und er erkannte, dass die Juristerei vielleicht nicht ganz so seins ist und er sattelte um auf Mathematik und schloss in Cambridge mit dem Titel des Senior Wranglers in 1813 nach recht kurzer Studienzeit ab.

Ich habe dann nachgeschlagen, wofür Senior Wrangler eigentlich steht und fand heraus, dass das letztlich so eine Art Selbstbeweihräucherung in Cambridge ist. Ein Senior Wrangler ist schlicht der mit den besten Noten eines Mathematik-Jahrgangs. Aber Cambridge ist ganz bescheiden und bezeichnete es als The greatest intellectual achievement obtainable in Britain. Halten wir fest: Beeindruckend.

Während dem Studium lernt Herschel Charles Babbage und George Peacock kennen. Babbage kennt vielleicht der ein oder andere als der Mann, der den ersten programmierbaren Computer beschrieben haben soll.

Auch in der Zeit kurz nach seinem Studium so rund um 1816 besann er sich dann doch der Kunst seines Vaters und entdeckte die Liebe zur Astronomie zurück. Das hat er dann auch gleich richtig gemacht, indem er ein für damalige Verhältnisse hervorragendes Teleskop entwickelt hat und sich dann daran machte die Sterne, speziell die Doppelsterne, die schon von seinem Vater katalogisiert worden waren, noch mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Um in etwa einschätzen zu können, als wie wichtig und prominent seine Arbeit damals angesehen wurde, brauchen wir nur auf den Katalog an Ehrungen zu blicken, die er damals eingesammelt hat. 1826 beispielsweise, im Alter von 24 Jahren, bekam er die Goldmedaille der Royal Astronomical Society und hat die dann 1836 noch mal gewonnen.

Auch die französische Akademie der Wissenschaften ehrte ihn mit einer Medaille. Auch eine Ehrung der Royal Society für seine mathematischen Erkenntnisse und der Schlag zum Ritter unterstreichen seinen Rang. Und weil es zu der Zeit den NGC noch nicht gab, publizierte Herschel selber verschiedene Kataloge und Standardwerke, sowohl der Astronomie als auch der Mathematik, unter anderem eben eine Art Vorgänger für den NGC – dem New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars oder dem New General Catalogue of 10,300 multiple and double stars.

Aber Astronomie war nicht das Einzige, wofür sich Herschel interessierte. Er war ein bekannter Fotograf. Er war Chemiker; er hat sich ganz generell, wie schon beschrieben, mit Mathematik beschäftigt, aber auch mit Biologie und botanischer Arbeit. Unter anderem hat er Kontaktlinsen entworfen. Nein, die hat man damals noch nicht fertigen können, aber als Konzept hat er das praktisch ausgearbeitet und sich mit dem Phänomen der Farbblindheit näher auseinandergesetzt. Wetterforschung; eine Übersetzung der Ilias von Homer und verschiedene Messgeräte werden ihm auch zugeschrieben. Der Mann war mal der Hammer!

Während einem Forschungsaufenthalt zwischen 1834 und 1838, der eigentlich der Astronomie und Himmelsbeobachtung diente, kombinierte Herschel seine Talente mit denen seiner Frau und produzierte 131 botanische Illustrationen der Botanik von Südafrika, speziell der Region rund um Cape Town.

Es war auch in dieser Zeit, als es einen kleinen Skandal gab. Die amerikanische Zeitung New York Sun hatte nämlich eine Reihe von satirischen Artikeln veröffentlicht, in denen Herschel angeblich Fotos von der Mondoberfläche geschossen hätte, in denen verschiedene Tiere, unter anderem mit Flügel und sogar Humanoide zu sehen sein sollten. Das war natürlich Quatsch, ist aber eine der Geschichten, die durchaus bekannter sind von seiner Forschungszeit und bekannt ist unter dem Great Moon Hoax.

Herschel war 41 Jahre mit seiner Cousine, Margaret Brodie Stewart verheiratet. Aus der Ehe gingen 12 Kinder hervor und er starb 1871 in Großbritannien. Er wurde in einem Staatsakt begraben in der Westminster Abbey und liegt neben den Gräbern von Charles Darwin und Sir Isaac Newton – also in bester Gesellschaft, würde ich mal sagen.

Und er lebt bis heute fort. In der kanadischen Herschel Insel zum Beispiel; im Ort Herschel in Südafrika; der Mondkrater J. Herschel ist nach ihm benannt; es gibt ein Dorf, das so heißt und einen Berg in der Antarktis, der seinen Namen trägt. Und natürlich lebt er fort in den vielen, vielen Entdeckungen, die er als erster machen konnte, zum Beispiel NGC 103, ein kleiner offener Sternencluster am Nachthimmel. Das ist schon nicht schlecht als Lebenswerk.  

Bis bald.