====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
Wie viele Freunde kann man als Mensch haben? Wie viele soziale Kontakte lassen sich mit unseren Primatengehirnen sinnvoll pflegen? Dafür gibt es eine Konstante…
https://en.wikipedia.org/wiki/Dunbar%27s_number
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/psychologie-neue-freunde-verdraengen-alte-freunde-a-941971.html
http://www.pnas.org/content/111/3/942
https://de.wikipedia.org/wiki/Robin_Dunbar
https://de.wikipedia.org/wiki/Kleine-Welt-Ph%C3%A4nomen
Bild: SURENDAR KUMAR B – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=38373023
Für die heutige Episode von Anerzählt habe ich mir mal alle meine Social Media Kanäle genauer angeguckt und mal speziell darauf geachtet, wie viele Kontakte ich denn in jeder dieser Kanäle habe; wie viele davon überlappen und wie viele davon regelmäßig mit mir in Austausch stehen.
Gehen wir es doch mal durch: Ich habe auf Facebook und auf Twitter eigentlich meine hauptsächlichen Netzwerke und auf beiden ist es so, dass die Anzahl der Leute, denen ich Folge oder die mit mir befreundet sind, dass das nicht notwendigerweise die Anzahl der Leute ist, mit denen ich auch wirklich interagiere.
Auf Twitter beispielsweise pflege ich eine Liste von Leuten, die ich auf gar keinen Fall verpassen möchte und alle anderen? – Naja, da ist es dann eine Frage der Interaktion. Wer mich anschreibt, bekommt natürlich Antwort und wer mich öfters mal anschreibt oder mit wem ich dann öfter interagiere, der landet vielleicht auch auf der Liste derer, die ich auf gar keinen Fall verpassen möchte.
Anders ließen sich auch knapp 760 Leute, denen ich auf Twitter folge nicht so richtig managen. Der Anerzählt Account auf Twitter hat ja auch nochmal 300 Leute, denen ich folge und auf Facebook sind es um die 110. Interessant ist, dass es wenig Überlappung zu geben scheint. Die einen sind auf Facebook mit mir vernetzt, die anderen auf Twitter und nur wenige sind in beiden Netzwerken und dann eben auch in der Liste derer, mit denen ich sehr viel Austausch habe.
Unter’m Strich komme ich auf ca. 10 Leute, die ich als meine Freunde und engen Vertrauten bezeichnen würde und vielleicht – sagen wir mal – 20 bis 30 Leute, die ich zu meinem Freundeskreis zähle. Zählt man all jene zusammen, mit denen ich irgendwie gerne befreundet wäre, würde sich nur die notwendige Zeit finden und mit denen man sich immer gerne umgibt, aber das nicht regelmäßig tut, dann komme ich wahrscheinlich auf 100 bis 120 Leute. Da sind dann manchmal auch Kollegen dazwischen, ehemalige Schulkameraden usw.
Dann gibt es aber noch eine dritte Ebene. Die könnte man auch einfach mal als Bekannte bezeichnen. Das sind all jene, mit denen ich durchaus gerne einzelne Themen bearbeite oder denen ich hin und wieder begegne, die ich in irgendeiner Form kenne, vielleicht auch sogar besser kenne und eine Beziehung mit ihnen unterhalte. Aber: Eben nicht so eng, wie zu meinen Freunden oder Vertrauten. So. Und wenn man jetzt all diese Zahlen nimmt, dann bin ich erstaunlich gut im Mittel unterwegs dessen, was Psychologen als normal ansehen. Da sind wir dann auch bei Robin Dunbar.
Robin Dunbar war Professor an meiner Alma Mater, nämlich an der University of Liverpool und hat sich dort mit kognitiver Psychologie und Neuroanatomie und Ähnlichem beschäftigt und unter anderem eben erforscht, wie denn bei Primaten das Sozialleben aussieht. Zu wem unterhalten wir Beziehungen? Wie viele Beziehungen? Welcher Art sind diese Beziehungen? Und Dunbar hat sich Gedanken darum gemacht, wie da der Zusammenhang zwischen der Größe des Neokortex – also der Großhirnrinde, wenn man so möchte – und der Anzahl sozialer Kontakte, die gepflegt werden, aussehen könnte.
Seine Ergebnisse hat er dann in mehreren Büchern, Papern und einer Studie aufgearbeitet und er stellte eben fest, dass Menschen in etwa 148 stabile freundschaftliche soziale Beziehungen unterhalten können. Also Beziehungen, in denen man sich gegenseitig gut kennt. Das sind vor allem auch Netzwerke, in denen sich die Mitglieder untereinander kennen. Nicht von ungefähr ist das auch etwa die typische Anzahl Leute, die in Dorfgemeinschaften zusammenleben und Organisationspsychologen nehmen auch an, dass 150 bis 200 in etwa die Zahl der Leute ist, zwischen denen man noch sinnvoll zusammenarbeiten und produktiv sein kann. Alles darüber hinaus muss irgendwie zerlegt und in kleineren Organisationen aufgeteilt werden, weil die Leute sich eben nicht mehr untereinander kennen können und nicht mehr eben genauso fein miteinander abstimmen, wie in solchen Gruppen.
Diese Gruppen sind auch nicht statisch. Also, enge Freunde müssen nicht immer enge Freunde bleiben. Interessant ist dabei, dass Dunbar auch herausgefunden hat, dass wir immer dieselbe Anzahl enger Freundschaften pflegen und wenn ein neuer enger Freund in diesen Kreis vordringt, in der Regel jemand anderes rausfällt. Rein statistisch hätten Menschen im Mittel fünf sehr intime Freunde. Da zählen dann auch Familienmitglieder dazu. Und ja, man muss ja auch nicht mit jedem Familienmitglied befreundet sein.
Zu diesen fünf intimen Freunden kommen dann etwa 15 enge Freunde dazu und dann haben wir 50 gute Freunde und der Rest sind dann halt die Freunde, mit denen man gerne mehr Zeit verbringen wollen würde, die man auch sehr gut kennt, die aber irgendwie im Freundeskreis rumfluktuieren – Du kennst das.
Und dann hat Dunbar noch eine Zahl – nämlich die mittlere Anzahl von Bekannten, die Personen haben. Und das sind bis zu 1.500. Da ist dann einfach irgendwann mal kognitiv Schluss. Da kann man sich dann die Gesichter, die Namen, die Geschichten und die Schnittstellen, die man mit den Leuten hat, irgendwann nicht mehr merken. Und das ist auch ganz egal, wie viele zusätzliche Kontakte man noch auf Facebook und Twitter hat. Man sieht die Leute einfach nicht jeden Tag, redet mit ihnen nicht mehr usw.
Dunbars Zahl also. Eigentlich spannend. Dazugehöriges Paper wie immer in den Notizen zur Sendung. Und wenn Du jetzt gerade schon so über Deine Bekannten und Freunde nachdenkst, werfe ich vielleicht noch eine zweite Kennzahl in den Mix, die ich auch sehr spannend finde, die bekannt ist unter der Bezeichnung “6 Degrees of Seperation” oder “Kleine Welt Syndrom”, die nämlich die Theorie aufstellt, dass es maximal 6 Kontakte braucht, um jeden beliebigen Menschen auf diesem Planeten zu erreichen. Das heißt, Du und Barack Obama sind durch maximal 6 Beziehungskontakte von einander entfernt. Du kennst also jemanden, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der im weißen Haus arbeitet, der Barack Obama kennt. Und das hat seinerzeit mal ein anderer berühmter Psychologe, nämlich Stanley Milgrim, ja – der vom Milgrim Experiment – versucht mit einem Experiment zu belegen, indem er Päckchen verschickt hat und den Auftrag gab, diese Päckchen weiter zu verschicken und einfach den Weg dieser Päckchen aufgezeichnet hat. Auch spannend.
Wenn man nun beide Zahlen zusammen nimmt, dann bekomme ich zumindest so einen “Die Welt ist ja schon irgendwie ein Dorf und ganz schön klein”-Gefühl. Es ist dann doch irgendwie alles näher beieinander als man denkt.
Bis bald.