====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
(Vorschlag von @Tifftoffo, danke!)
Vor 199 Jahren wurde das Laufrad erfunden, damals noch nach ihrem Konstrukteur „Draisine“ genannt. Es war ein 22 Kilogramm schweres Fortbewegungsmittel und war auf Anhieb ein derart großer Erfolg, dass es sich noch im Erfindungsjahr in den Verkehrsgesetzen verschiedener Länder niederschlug.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Draisine_(Laufmaschine)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Fahrrads
- http://www.balzix.de/fahrrad-geschichte-vom-laufrad-zum-modernen-fahrrad/
- http://www.planet-wissen.de/technik/verkehr/geschichte_des_fahrrads/pwiezeitgenoessischerprospektzumlaufrad100.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Drais
Bild: Von Unbekannt – Mit dem Rad durch zwei Jahrhunderte: Das Fahrrad und seine Geschichte, Aarau Stuttgart: AT Verlag. 21, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11605715
Karl Freiherr von Draiss war Badener und wuchs in der Gegend um Karlsruhe auf. Und er hasste es, einen Adelstitel zu haben. Er war ja eigentlich ein deutscher Forstbeamter und Erfinder und deswegen hat er sich nicht viel aus seinem Titel gemacht. 1849 legte er den dann eben auch per Zeitungsanzeige nieder und war ab da nur noch Karl Draiss. Und als solcher hat er ab ungefähr 1810 eine ganze Reihe bedeutender Erfindungen getätigt.
Da gibt es zum Beispiel eine Maschine, mit der man Musikstücke aufzeichnen konnte – also Klaviertastendrücke erfassen. Und aus der, sozusagen direkt in Folge, hat er die erste Tastenschreibmaschine der Welt entwickelt – 1821. Für 25 Buchstaben. Die wurde dann 1829 zu einer Schnellschreibmaschine mit 16 Tasten und Lochstreifen weiterentwickelt. Wenn Du Dich also das nächste Mal an Deinen Laptop setzt, denk dran: Ein Badener hat’s erfunden. Aber, er hat noch etwas viel bedeutenderes gebaut, nämlich die erste Draissine oder das erste Velocipad oder auch schlicht: Die erste Laufmaschine. Und gemeint ist damit nicht das Laufband, das in der Muckibude nebenan zu finden ist, sondern eher eines dieser Dinger, auf denen heutzutage Kinder lernen, Fahrrad zu fahren.
Das war nämlich ein Holzgestell mit zwei Rädern und einer Lenkvorrichtung, auf der man saß und sich mit seinen Füßen abstieß. Ich weiß noch genau, wie mein Nachwuchs mit einem Höllentempo mit den Dingern durch die Gegend heizte. Und mit dieser Erfindung hat Karl Draiss den Grundstein für die heutigen Fahrräder gelegt. Also das erste – nennen wir es einfach mal so – Fahrrad überhaupt gebaut.
Die allererste Fahrt unternahm er mit seinem rund 22 Kilo schweren Gerät am 12. Juni 1817. Ja, lieber Hightech-Fahrradfan: 22 Kilo. Nicht die 500 Gramm, die man heute in einem modernen Rennrad findet. Naja, 500 Gramm ist vielleicht auch übertrieben.
Auf jeden Fall machte er die Strecke hin und zurück in einer knappen Stunde und das waren dann ungefähr 15 km/h. Damit niemand seine Maschine einfach so kopieren konnte, ließ er sich seine Konstruktion schützen. Das hieß damals in Baden großherzogliches Privileg und war mit einem heutigen Patent vergleichbar. Jeder musste so eine Lizenzmarke auf der Lenkstange tragen, um damit sicherzustellen, dass eben keine Kopien in Umlauf kamen.
Außerdem hat er sich ein Patent in Preußen und ein Brevet in Frankreich sichern lassen. Daher kommt eben auch die Behauptung, das Fahrrad wäre zuerst in Frankreich erfunden worden, was aber so nicht stimmt.
Bevor übrigens das erste Laufrad wirklich für Kinder konstruiert wurde, musste noch einige Zeit ins Land ziehen. Insgesamt 17 Jahre dauerte es, bevor nach der ersten Laufmaschine für Erwachsene auch endlich mal ein Gerät für Kinder gebaut wurde. Die Maschine war auf jeden Fall ein kommerzieller Erfolg und einer der Gründe war, dass es im Jahr 1816 zu einem Ausfall der Ernte kam und dadurch eben eine Hungersnot ausbrach. Darunter litten natürlich Menschen, aber ganz besonders litten auch Pferde und andere Tiere darunter und so war es dann nicht verwunderlich, dass statt zu reiten, mit dem Laufrad durch die Gegend zu fahren ganz plötzlich eine interessante Option wurde.
Die Maschine war eigentlich gar nicht so schlecht – ungefähr so schwer, wie ein heutiges Hollandrad, sagt Wikipedia. Jaaa, nicht so ein Rennrad, sondern eben etwas brachialer. 27 Zoll-Räder, eine Schleifbremse am Hinterrad und abklappbare Parkstützen. Die Maschine verbreitete sich jedenfalls wie ein Lauffeuer. Auch Nachbauten tauchten immer öfter auf und damit war natürlich auch Ärger irgendwann vorprogrammiert. Es war zum Beispiel so, dass die Laufräder natürlich am besten auf möglichst ebenen, glatten Boden zu betreiben waren. Straßen waren damals aber eher holprig und glatt war eigentlich nur der Gehweg. Ergo es mussten Gesetze her, die den Umgang mit dem neuen Gefährt regelten.
In Mannheim wurde noch im Dezember 1817 zum Beispiel verboten, auf dem Gehweg zu fahren. Ein ähnliches Verbot trat dann 1818 in Mailand, in London, in New York und 1819 sogar in Kalkutta in Kraft. Es waren dann auch genau diese Gesetze, die das Laufrad erstmal wieder zu Fall brachten. Sie verschwanden wieder aus dem Straßenbild und Pferde und Kutschen waren zunächst mal wieder wichtiger. Es musste noch bis 1866 dauern, bevor ein Zweirad mit Tretkurbel den Markt betrat, aber das ist vielleicht mal Thema für einen anderen Anerzähler.
Die Sache mit dem Laufrad jedenfalls, die ist jetzt 199 Jahre her und es war ein Hinweis auf Twitter von @Tifftoffo nämlich, der mich auf das Thema gebracht hat. Vielen Dank dafür!
Bis bald.