====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
Religion ist ein weites Feld und neben den bekannten großen Weltreligionen tummeln sich eine Unmenge an teilweise ernstgemeinten, teilweise satirischen Weltanschauungen. Grund genug, sich ein paar der eher ungewöhnlichen spirituellen Gedankenwelten etwas näher anzuschauen. Starten wir bei twoelevenism…
http://www.dartmouth.edu/~dam/OS/211Marty.htm
https://en.wikipedia.org/wiki/Steel_Reserve
http://www.scoopwhoop.com/world/bizarre-religions/
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_S%C3%B6llner
http://www.venganza.org/
Bild: By Niklas Jansson – http://www.androidarts.com/fsm/, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48906232
Ich habe schon länger nicht mehr über Religion geredet. Ich finde, es wird mal wieder Zeit, oder? Und der Anlass ist, weil es eine Internetseite gibt, auf der Twoelevenism als eine Religion aufgeführt wird. Twoelevenism, Folge 211, mehr Anlass brauche ich ja nicht.
Dabei ist der Anlass ein bisschen fadenscheinig, denn es gibt nur einen einzigen Platz, wo über Twoelevenism im Web geschrieben wird und das ist eine Webseite, die zumindest dem Anschein nach, etwas älter ist – einem wahrscheinlich Studenten zu der Zeit gehört und irgendwie was mit der Band “The Ominous Seapods” zu tun hat. Kennst Du nicht? Macht nix – kannte ich auch nicht. Klingt aber ganz gut; ist wohl eher in den 90ern unterwegs gewesen.
Das ist also nicht wirklich ernst gemeint – ist auch so ein bisschen diskordisch, wenn man so möchte und ist wohl ganz vergleichbar mit der Church of the flying Spaghetti Monster, was den Anlass und die Gründung dieser “Religion” angeht.
Die Seite selbst ist wohl irgendwann in den 90ern gebaut worden und seither unverändert und damit habe ich mal wieder so ein bisschen Internet Paläontologie betrieben würde ich sagen. Schade eigentlich, denn womöglich hätte ja Twoelevenism auch eine große Karriere haben können, wenn man es nur leidenschaftlich vorangetrieben hätte. Jede Religion braucht ihre Missionare und daran hat es diesmal wohl gefehlt.
Da gibt es aber Religionsgemeinschaften oder naja, sagen wir mal interessante Ideen da draußen, die hatten etwas mehr Unterstützung. Da hätten wir zum Beispiel The Church of Euthanasia, in der es um Selbstmord geht. Kernelemente sind eine steigende Bevölkerung und Werte, die im freien Fall sind und aus der Kombination ein Gebot und ein Gebot allein, nämlich Those shall not procreate – Du sollst Dich nicht fortpflanzen. Und davon abgeleitet Forderungen wie Save the Planet, Kill yourself – also: Rette die Welt, bringe Dich um.
Die Church of Euthanasia war auch mal kurzzeitig in der Presse, weil nämlich anlässlich des 11. September sie es für geboten hielten, ein Video zu veröffentlichen, auf dem Hardcore Porno und das World Trade Center, wie es einstürzt, nebeneinander zu zeigen unter dem Titel “We like to watch”. Das war dann doch ziemlich geschmacklos.
Da wende ich mich dann lieber einer eher positive Religionsform zu, nämlich den Rastafari. Die kennst Du vielleicht durch Bob Marley, der ein bekannter Rastafari gewesen ist. Und eventuell erinnerst Du Dich auch daran, dass das irgendwas mit Marihuana zu tun hat. Denn rituelles Rauchen von Gras gehört zum Rastafarisein dazu, genauso wie die Dreadlocks und übrigens das Vermeiden von Alkohol, was ich sehr sympathisch finde.
Der Gott der Rastafari kommt aus Äthiopien und ist damit Afrikaner. Zion ist der Geburtsort der Menschheit. Im Grunde ist Rastafari eine Protestreligion gegen Kolonialismus. Wir haben übrigens auch einen einigermaßen bekannten Rastafari in Deutschland – nämlich Hans Zöllner. Das ist ein bayrischer Liedermacher, der 2000 versucht hat, sein Recht auf Religionsausübung durch Marihuana rauchen einzuklagen.
Aber die nächste Religion auf meiner Liste ist die Religion des Raelismus. Das ist eine Gruppe von ursprünglich UFO-Anhängern, die sich 1974 um Claude Vorilhon geschart haben und eine Religionsgemeinschaft geformt haben. Das Auffälligste, wenn man sich das zum ersten Mal anschaut ist, das religiöse Symbol, das sie benutzen. Das sieht nämlich aus wie ein Hakenkreuz in einem Davidstern. Das hat aber nichts mit Nazis zu tun, hat aber einiges an Unwillen und Ärger in Israel produziert, wie man sich vorstellen kann.
Genereller Glaubensinhalt des Raelismus ist die Herkunft der Menschheit. Die stammt nämlich von Außerirdischen ab, sogenannten Elohim, die irgendwann kommen werden und uns erretten, wenn wir nämlich friedlich und bereit für Errettung sind. Hmmhmm.
Die nächste Religion auf der Liste ist die Iglesia Maradoniana. Das ist auch einfach zu erklären: Das ist die Kirche des Diego Maradona – ja, der Fußballspieler. Und diese Kirche hat mehr als 1 Mio. Anhänger. Olé Olé Olé.
Zentraler Glaubensinhalt ist: Maradona ist Gott. Ich gebe aber gerne zu, dass Religionen wie die, für mich eher sympathisch sind. Die nehmen sich nicht so richtig Bierernst. Wo mir allerdings immer kalt den Rücken runterläuft ist, wenn ich auf meistens christliche Sekten stoße, die es wirklich ernst meinen und dabei aber wirklich durchgeknallt sind in ihren Annahmen. So zum Beispiel: The Body of Christ. Das ist eine Extreme, die Bibel wörtlich auslegende christliche Sekte und die wurde bekannt 2002, als nämlich ein Ehepaar ihr Kind verhungern ließen und das begründet haben damit, dass sie warteten, dass Gott ihnen ein Zeichen gibt, das Baby zu füttern. Sie nehmen die Bibel wörtlich, sind skeptisch gegenüber Medizin und wissenschaftlichen Erkenntnissen und gehen zum Beispiel davon aus, dass man sich gesundbeten kann etc.
Das geht noch eine Stufe weiter, nämlich so wie es die Christian Science Church lebt, die glaubensheilen und gesundbeten zu Kerninhalten ihrer Lehren gemacht haben. Wenn Du also Krank bist, ist es erstens mal Dein Fehler, so ein Stück weit, weil Dein Glaube einfach noch nicht stark genug ist und zweitens mal kannst Du zum richtigen Glauben finden und dadurch geheilt werden. Das ist so die Kernidee. Die haben natürlich dann entsprechende Center und Institute. Ich persönlich tue mich schwer damit, die Worte Science und Church in einer Reihe zu sehen, aber hey – that’s just me.
Ganz anders gelagert sind da die Jedis. Das ist eine Religionsgemeinschaft, die von Star Wars inspiriert wurde und von Daniel Jones und seinem Bruder 2008 gegründet wurde. Auch die Webseite der Jedi Church, jedichurch.org, sieht aus, als wäre sie den 90ern entsprungen, aber immerhin hat sie einen Facebook-Button – kann also ganz so alt nicht sein.
Und bei allem Klamauk der da mitschwingt, beschäftigt sich diese Gemeinschaft auch mit Themen, die eigentlich im Kern ernst und wichtig sind. So machten die Jedi sogar Schlagzeilen als sie den Zensus in Neuseeland benutzten, um sich als Glaubensgemeinschaft zu etablieren. Oder dadurch, dass es Verfahren gab, in denen Mitglieder der Kirche von öffentlichen Plätzen verbannt wurden, weil sie typische Jedi-Outfits trugen und dabei ihre Gesichter verdeckt hatten.
Diese ganzen Listen wären allerdings nicht komplett ohne eine wirklich großartige Religion, nämlich die Church of the fliying Spaghetti Monster – die Pastafari. Nicht Rastafari, sondern Pastafari. Die nimmt ihren Anfang, als der Amerikaner Bobby Henderson genug hat vom sogenannten Intelligent Design. Das ist eine in den USA verbreitete Argumentation, die von einem intelligenten Designer und einer gezielten Schöpfung der Welt ausgeht. Im Grunde geht es dabei aber in den USA hauptsächlich darum, den Kreationismus, also den wörtlichen Bibelglauben, in die Schulen zu tragen, denn in den USA ist ja das Unterrichten von religiösen Inhalten in der allgemeinen Schule untersagt.
Bobby Henderson hatte jedenfalls genug von dem Versuch aus Religion eine pseudowissenschaftliche Theorie zu schmieden und hat einen offenen Brief an das Schulbord geschickt. Und in diesem offenen Brief hat er eben gefordert, anzuerkennen, dass das fliegende Spaghetti-Monster als intelligenter Designer hinter der Erschaffung der Welt steht.
Von da weg hat das ganze sehr schnell ein Eigenleben entwickelt. Das Internet ist durchsetzt mit Bildern von His Noodliness oder Sichtungen oder Gesetzen oder Beschreibungen von Glaubensinhalten usw. usw. Zum Teil ist das Satire und einfach mal Spaß, aber eigentlich dient es auch dazu, kritisch über den ein oder anderen einfach mal so hingenommenen religiösen Inhalt nachzudenken und eben zu kritisieren, mit welchen Mitteln versucht wird, Religion zurück in den Schulunterricht zu pressen.
Bis bald.
1 Kommentar
Komisch, dass noch niemand auf die mieste Pointe zur Church of Euthanasia gekommen ist. Was viele nämlich nicht wussten: Die haben sehr mit Mitgliederschwund zu kämpfen.