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In den USA ist 215 der Spitzname für Marijuana, weil es in den 90ern die Kennzahl eines Volksbegehrens zur Legalisierung von Marijuana war, auch bekannt unter der Bezeichnung „Compassion Act“. Inzwischen wurde dieses Volksbegehren in Kalifornien Gesetz und dient vielen anderen ähnlich gelagerten Fällen als Referent.
https://de.wikipedia.org/wiki/California_Proposition_215
https://de.wikipedia.org/wiki/Hanf_als_Rauschmittel
Bild von Unbekannt – Scan aus: Pedanius Dioscurides – Der Wiener Dioskurides. Codex medicus Graecus 1 der Österreichischen Nationalbibliothek, Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1999 Band 1 fol. 167 verso. Kommentar von Otto Mazal: S. 70 ISBN 3-201-01699-3, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=745191
215, keine Sorge. Es ist zwar auch eine amerikanische Vorwahl, über die geht es heute aber nicht. 215 ist im Englischen aber auch noch Slang, nämlich Slang für Marihuana. Das liegt daran, weil es die California Proposition 215 gibt, also ein Gesetzesvorschlag, der in einem Volksentscheid am 5. November ‘96 zur Abstimmung stand. Das war nämlich gleichzeitig auch der Startschuss für die Legalisierung von Marihuana in verschiedenen Ländern in den USA.
Konkret ging es darum, den Anbau und die Nutzung von Marihuana für bestimmte Personenkreise, überwiegend Patienten, die aus medizinischen Gründen auf Marihuana zurückgreifen, straffrei zu stellen. Das ganze ging auch erfolgreich durch und ist inzwischen in Kalifornien Gesetz. Als Gesellschaft haben wir zu Marihuana eine ziemlich gespaltene Beziehung. Zum einen ist es so, dass wir Gras ja fast schon belächeln. Das ist ein bisschen wie rauchen, aber nicht ganz so ungesund wie rauchen. Die Konsumenten werden in der Regel nicht aggressiv, die sind auch noch ansprechbar, halt ein bisschen bekifft, wie man so schön sagt. Und man weiß, dass Marihuana als Heilpflanze schon seit Jahrhunderten im Einsatz ist und auch in der modernen Medizin nicht wegzudenken ist bzw. der Wirkstoff, der da auf den Menschen wirkt – THC.
Der älteste Marihuanafund, den wir haben, datiert auf 700 vor Christus. Und es gibt auch einen 4.700 Jahre altes chinesisches Lehrbuch über Botanik und Heilkunst, das um die Wirkung der Cannabispflanze wusste.
Übrigens: Die weibliche Cannabispflanze ist die Pflanze, die man haben möchte, will man sich denn berauschen. Denn nur in der weiblichen Cannabispflanze wird genügend von dem THC angereichert, um eine Wirkung zu erzielen. In Europa wurde die Cannabispflanze mit dem ersten Kreuzzug in die europäische Volksmedizin eingeführt. Anwendungsbereich waren rheumatische Erkrankungen, Bronchitis usw.
Auch später wurde es regelmäßig eingesetzt. Es galt als ein wirksames Mittel gegen Migräne, gegen Epilepsie, Schlafstörungen und war allgemein für das Dämpfen und Behandeln verschiedenster Störungen im Einsatz. Bevor das Aspirin auf der Bildfläche erschien, war Cannabis das meistgenutzte Schmerzmittel in den USA. Zwischen 1842 und 1900 berichtet die Wikipedia, machten Cannabispräparate dort immerhin die Hälfte aller verkauften Medikamente aus. Und auch in Europa gab es über 100 verschiedene.
Während in den USA, in Deutschland oder allgemein in großen Teilen Europas die medizinische Wirkung im Vordergrund stand, nahm Cannabis in Frankreich den Platz des Rauschmittels ein. Besonders Künstler zum Beispiel Romanciers, aber auch Philosophen und andere kreative Berufsgruppen sprachen der Droge begeistert zu.
Wirklich interessant an Cannabis finde ich, dass es bis in die 30er Jahre hinein verhältnismäßig frei verfügbar war. Oft noch gemischt mit alkoholischen Extrakten war es ein gebräuchliches Medikament und weil es eben so allgemein verfügbar war, bin ich mir sicher, dass es auch dem einen oder anderen als Rauschmittel diente. Da war Cannabis in einer Reihe mit verschiedenen anderen Drogen. Ganz allgemein waren Stoffe recht frei verfügbar. Das sollte sich aber ändern.
1925 unterzeichnete Deutschland und verschiedene andere Länder ein Abkommen zum Handeln mit Drogen. Und zwar ging es dort überwiegend, um den Gebrauch von Opium, der als problematisch angesehen wurde. Und in diesem Abkommen, das am 25. September 1928 in Kraft gesetzt wurde, wurden verschiedene Drogen reglementiert. Unter anderem Heroin, Kokain und auf Drängen von Ägypten eben auch Cannabis. Und die wurden mit Opiaten gleichgestellt, die man eben kontrollieren und nach Möglichkeit nur noch im medizinischen Bereich, aber gar nicht mehr im öffentlichen Raum zulassen wollte.
Fast schon zur selben Zeit, nämlich Anfang ‘36 ging in den USA ganz gezielt Lobbyismus gegen Hanf oder Marihuana los. In der Hauptsache wurde diese Kampagne von der Hearst Corporation getrieben. Das war die Firma des Medienmoguls William Randolph Hearst, der unter anderem große Zeitungen betrieb und damit auf Papierproduktion massiv angewiesen war. Er sah in der Hanfpflanze eine Bedrohung, denn es gab mehrere konkurrierende andere Möglichkeiten der Papierherstellung und er wollte sicherstellen, dass die von ihm favorisierte Methode gewinnen würde. So zumindest eine Theorie warum Hearst so massiv eingriff.
Die Art und Weise ist aus heutiger Sicht ziemlich daneben und kaum noch vorstellbar. Marihuana wurde als eine Art neue Droge wahrgenommen und als eine Droge, die hauptsächlich von mexikanischen Einwanderern und der Unterschicht konsumiert wurde. Auf dieser Wahrnehmung baute die Hearst Corporation eine groß angelegte Propaganda-Kampagne auf und stellte Marihuana heraus als eine Droge der Unterschicht. Migranten, insbesondere natürlich Mexikaner, aber auch Schwarze waren Ziel dieser Verunglimpfungskampagne. So waren Hearst Zeitungen zum Beispiel immer darauf bedacht, die Verbindung zwischen Verbrechen und Marihuanakonsum möglichst herauszustellen, wenn es ihn denn irgendwo herbeischreibbar gegeben hat.
Heute wissen wir, dass Marihuana jetzt nicht unbedingt aggressionsfördernd wirkt und diese Verbindung zumindest direkt eher schwierig herzustellen ist. Im Ergebnis führte das zumindest zu einem Cannabisverbot auch in den USA. Und im Wesentlichen ist Cannabis, der Konsum, der Verkauf und der Anbau in weiten Teilen der westlichen Welt unter Strafe gestellt – mal mehr, mal weniger streng. Und es gibt immer mal wieder Liberalisierungsbestrebungen, so wie zum Beispiel das genannte Gesetz in Kalifornien.
Aus Cannabis lässt sich jedenfalls verschiedenes herstellen und die typischen Produkte sind entweder Haschisch, das ist das gepresste Harz der Hanfpflanze. Das man im Allgemeinen entweder raucht oder in Fett gelöst für die Zubereitung von irgendwelchen Getränken und Speisen verwendet.
Dann gäbe es noch Haschischöl oder eben das genannte Marihuana und bei Marihuana meint man getrocknete, unbefruchtete weibliche Blütenstände, die entweder mit oder ohne anhängende Blätter geraucht oder verdampft werden. Das kann sehr unterschiedlich in seiner Stärke ausfallen. Der THC-Gehalt kann schwanken zwischen 0,6% bei Marihuana, das aus Polen stammt bis hin zu 12,7%, dass man in Marihuana aus England und Wales gefunden hat.
Angebaut werden diese Pflanzen meistens im Ausland und illegal importiert, aber es gibt auch immer wieder mal Inlandsplantagen, die häufig in geschlossenen Räumen durchgeführt werden, weil die Pflanze einfach sehr auffällig ist und man sie schnell entdecken kann. Aber selbst in geschlossenen Räumen ist das schwierig, weil, naja, Hanf riecht halt sehr und deswegen unternimmt die Szene alle möglichen Anstrengungen, um diesen charakteristischen Geruch unter Kontrolle zu bekommen, wie zum Beispiel speziell gefilterte Entlüftungsanlagen und dergleichen.
Wenn man es jedenfalls durch rauchen zu sich nimmt, dann wird im allgemeinen von Kiffen gesprochen und der Raucher ist ein Kiffer. Das ganze kommt vom Arabischen kaif, was für Wohlbefinden steht. Das ist auch die Wirkung, die irgendwie jeder parat hat, der sich mit Cannabis, Haschisch, Marihuana beschäftigt hat. Das ist aber längst nicht die einzige Wirkung und es ist auch nicht ganz richtig, dass Cannabis vollkommen unbedenklich ist.
Wenn man es zum Beispiel raucht, dann hat man praktisch alle Nebenwirkungen, die man vom Rauchen an sich auch kennt. Man nimmt krebserregende Substanzen in die Lunge auf, meistens raucht man ja sowieso zusammen mit Tabak und das hat dann einfach alle bekannten Probleme.
Der zweite Effekt, der beobachtet wird und bei dem immer mehr Studien darauf hindeuten, dass es vielleicht eine Wirkung davon sein könnte ist, die Zunahme an schizophrenen Schüben. Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, die bei jedem Menschen auftreten kann und der Konsum von Cannabis scheint das zu fördern.
Der dritte Effekt und der, der oft auch in der Diskussion eine Rolle spielt ist, Cannabis als Begleitdroge. Die wenigsten nehmen eben “nur” Cannabis, sondern trinken dazu ordentlich Alkohol oder steigen dann von Cannabis irgendwann auf andere, vielleicht auch stärkere Drogen um und das ist ein Effekt, der natürlich auch hochgradig problematisch ist.
Ich persönlich finde, wir haben schon genug Drogen in unseren Alltag integriert. Da muss jetzt Marihuana, Haschisch oder allgemein Cannabis nicht unbedingt auch noch dazu. Gleichzeitig bin ich aber auch der Meinung, dass es Menschengruppen geben sollte, denen der Gebrauch von Cannabis erlaubt ist. Da fallen zum Beispiel Krebspatienten ein. Es gibt immer mehr Studien, die auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Cannabis und positiver Wirkung auf bestimmte Krebsarten berichten.
Gleichzeitig ist Cannabis eine recht verträgliche schmerzlindernde Droge und manchmal die einzige Option für Patienten mit bestimmten Krankheiten. Nicht nur Krebspatienten, sondern vielleicht auch Schmerzpatienten oder auch bestimmte psychische Störungen sind wahrscheinlich gut behandelbar. Da finde ich einfach, das sollte erlaubt und möglich sein.
Bis bald.
2 Kommentare
Ich höre deinen Podcast sehr gerne aber diese Folge hat doch deutliche Mängel. Ohne es so zu nennen hast du von der Einstiegsdrogentheorie gesprochen (Cannabiskonsum führt zu dem Konsum härterer Drogen). Diese Theorie ist eindeutig widerlegt. Außerdem hast du davon gesprochen, dass es nicht wünschenswert wäre wenn eine weitere Droge hinzu käme. Cannabis ist bereits vollkommen etabliert. Wer kiffen will tut das auch – trotz der gesetzlichen Situation. Eine Entkriminalisierung kann den Konsum sogar reduzieren (siehe Portugals Erfahrungen). Etwas weniger Meinung und etwas mehr Recherche wäre sinnvoll. Zum Einstieg empfehle ich die Doku „Drogen kann man nicht erschießen“. Wer sich mit dem Thema beschäftigt realisiert sehr schnell, dass der Drogenkonsum nicht wünschenswert ist aber dessen Verbot nicht durchsetzbar ist. Die Kriminalisierung hat leider enorme negative Folgen.
Hallo Horst,
danke für Dein Feedback!
Mein Podcast hat nicht den Anspruch ein komplettes Bild abzugeben und ich kann in 10 Minuten auch gar nicht allen Aspekten gerecht werden.
Ich habe weder abgestritten, dass gekifft wird noch habe ich eine Meinung zur Kriminalisierung per se geäußert. Persönlich glaube ich nicht an die Wirkung von Verboten und habe das Gefühl (was ich auch äußerte), dass sie im Fall von Cannabis wenigstens in Teilen aufgehoben werden sollen.
Aber das ist eben nur meine Ansicht und die teilt nicht jeder.
Denn am Ende ist mein Podcast eben genau das als allererstes: Meine ganz persönliche Meinung, untermalt von den Fakten, die ich in ein paar Stunden in der Woche zusammentrage.
viele Grüße,
Dirk