====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
Am 22.4 1383 wird der Grundstein für die berühmte, später erstürmte Bastille gelegt. Berühmte Insaßen wie Voltaire und dem Marquis de Sade waren allerdings unter deutlich besseren Verhältnissen untergebracht als im Allgemeinen angenommen.
https://de.wikipedia.org/wiki/22._April
https://de.wikipedia.org/wiki/Bastille
http://www.welt.de/kultur/history/article1139239/Die-furchtbare-Bastille-eine-Legende.html
Bild: By Bastille_Exterior_1790_or_1791.jpg: Anonymousderivative work: Hchc2009 (talk) – Bastille_Exterior_1790_or_1791.jpg, Public Domain,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16011874
Heute bin ich mal wieder so frei, die Episodenzahl als ein Datum zu interpretieren. Nämlich den 22. April 1370, mitten im Hundertjährigen Krieg also.
An diesem Datum wird ein Grundstein für ein berühmtes Gebäude gelegt – die Bastille. Bastille ist eigentlich französisch für kleine Bastion und steht für ein Stadttor in Paris, oder es war zumindest eine Art befestigtes Stadttor oder besser eine Stadttorburg – wenn man es so mal nennen möchte. Die Bastille ist natürlich den allermeisten ein Begriff, weil sie am 14. Juli 1789, also über 400 Jahre später, symbolträchtig gestürmt wurde, wobei das dann auch gleichzeitig als der Auftakt der Französischen Revolution in die Geschichtsbücher eingehen sollte.
Wie gesagt, ursprünglich gebaut war die Bastille als eine Art befestigtes Stadttor und war damit ein Teil der Befestigungsanlagen in Paris. Es sollte im Wesentlichen Frankreich, also Paris in dem Fall, vor den im Hundertjährigen Krieg in Frankreich herumziehenden englischen Truppen schützen.
Auch wenn es den Namen “kleine Bastion” trug und eher eine Art Tor sein sollte, war die Bastille sehr beeindruckend als Bau. Sie bestand aus insgesamt acht Türmen, vier davon an den Ecken und war mit seinen insgesamt vier Stockwerken wahrscheinlich schon von weither gut zu sehen.
Zum Zeitpunkt ihrer Erstürmung war die Bastille schon etwas länger ein Staatsgefängnis. Das hatte seinerzeit König Ludwig XIII. bestimmt. In die Bastille geworfen wurden alle möglichen Arten von Verbrechern. Es war ein gefürchtetes Urteil. Denn in der Bastille zu sein, schnitt die Menschen komplett vom Leben außerhalb der Mauern ab. Das nahm einem auch gleichzeitig die Möglichkeit natürlich sich selbst zu verteidigen. Jeder am Pranger stehende Verbrecher hatte eine bessere Gelegenheit, die Menschen in seiner Umgebung um Gnade anzuflehen. So wunderte es nicht, dass es in der Bastille auch gerne politisch brisante Häftlinge untergebracht wurden, die einfach schlicht und ergreifend aus der Wahrnehmung der Öffentlichkeit entfernt werden sollten.
Wie gut oder schlecht die es dann hatten – allen Gruselgeschichten zum Trotz – hingen sehr von ihrem Status und von ihren finanziellen Möglichkeiten ab. Im Prinzip war die Bastille als selbständiges Wirtschaftsunternehmen organisiert. Der König zahlte für jeden Häftling der einsaß einen “pro Kopf Obolus”. Diesen “pro Kopf Obolus” konnte der Häftling einsetzen, um von den Wärtern zum Beispiel Erledigungen, Kleidung oder zusätzliche Nahrung zu erwerben.
In der Praxis, schätze ich, war die Kohle einfach direkt bei den Wärtern untergebracht und die kümmerten sich mal schlecht, mal recht um ihre Schützlinge.
War der Häftling ein prominenter wohlhabender Mensch, dann war die Chance groß, dass der Aufenthalt in der Bastille eigentlich sehr angenehm war. Das waren dann komplett eingerichtete Zimmer, es gab die Möglichkeit zu lesen und zu schreiben. Damit war der Aufenthalt eher mit einem “Exil” zu vergleichen. Je niedriger man in der Bastille untergebracht war, desto schlechter allerdings die Bedienungen. Im Keller, so wurde berichtet, seien praktisch jene untergebracht worden, die zahlungsunfähig geworden waren und damit nur noch eine minimale Versorgung bekamen.
Berühmte Insassen in der Bastille waren Marquis de Sade oder Voltaire. Es gab einen Häftling, der wie kein anderer beeinflusste, wie die Öffentlichkeit sich die Zustände in der Bastille vorstellte. Dieser Mann war – und Achtung, all jene die Französisch können, jetzt mal kurz die Ohren wegducken – Henri Masers de Latude. Der war nämlich ursprünglich eigentlich am französischen Hof unterwegs gewesen und täuschte dort einen Anschlag auf die Madame Pompadour vor. Um dann die Belohnung zu kassieren, entlarvte er diesen Anschlag. Das war dann ziemlich trottelig und brachte ihm ein, dass er direkt in die Bastille geworfen wurde. Da war er dann so aufsässig, dass er insgesamt 35 Jahre hinter diesen Mauern verbrachte und in dieser Zeit seine Gefängniserlebnisse aufschrieb. Beziehungsweise hatte er wohl eine eher freizügige Phantasie gehabt. Diese Erlebnisse wurden irgendwie aus diesen Gemäuern rausgeschmuggelt und draußen geglaubt.
Als nun die Bastille erstürmt wurde, rechneten die Erstürmer mit allem möglichen was sie dort finden würden. Sie waren dann doch sehr überrascht, als sie letztlich nur sieben Inhaftierte ausfindig machen konnten. Die freilich waren alle gekleidet und wohlgenährt. Einer von ihnen war ein gefährlicher Schwerverbrecher, vier waren wegen Geldfälschung in Untersuchungshaft und zwei waren offensichtlich geistesgestört, die von ihren Familien abgeschoben worden waren.
Zum Glück fand man im Keller dann noch eine monströse Foltermaschine, die sich allerdings bei näherer Betrachtung, als Druckerpresse herausstellte. Überhaupt ist dieser ganze Sturm auf die Bastille doch ein eher seltsames Unterfangen gewesen. Der Bastille-Kommandant hatte 114 Soldaten zur Verfügung, als eine Gruppe bewaffneter auf die Bastille stürmte und Einlass verlangte.
Was sich das Volk wohl so nicht vorstellte war, wie es in der Bastille aussah. Dort waren nicht nur gerade mal sieben Inhaftierte – die wurde bewacht von 114 Soldaten. Von diesen 114 Soldaten waren 82 eigentlich kaum kampftaugliche Invaliden. Das war auch bis zu ihrer Erstürmung eigentlich kein Problem, denn die 114 Soldaten bewachten neben den sieben Inhaftierten, die Pulvervorräte des städtischen Arsenals. Das war zwar grundsätzlich eine gefährliche Ladung, aber jetzt natürlich keine, die besonders viel Aufwand für die Soldaten dort vor Ort bedeutete. Der Kommandeur zeigte sich jedenfalls kompromissbereit und verhandelte mit den Menschen vor dem Tor. Da kam es erst einmal zu keinem Blutbad.
Es war zwar bei der Belagerung der Bastille irgendwann so, dass die Menschen draußen sich mit Geschützen versuchten Zugang zu verschaffen, sie schossen aber derart dilettantisch auf die Mauern, dass es kaum Schaden anrichtete und nicht zur Erstürmung geführt hat. Irgendwann einigte sich der Kommandeur dann mit der Menge darauf, dass gegen Zusicherung freien Abzuges, die Soldaten kapitulieren würden. Das taten die dann auch, allerdings wurden er und sechs seiner Soldaten dann entgegen dieser Zusicherung leider auf dem Weg raus aus der Bastille, gelyncht. Man enthauptete sie und spießte ihre Köpfe auf Pflanzen. Naja, war halt alles ein bisschen archaischer damals…
Falls Du jetzt den Impuls verspürst, die Bastille auf Deiner Bucket-Liste der Orte, die du mal besuchen möchtest zu nehmen, kann ich dich beruhigen: die steht nicht mehr, die wurde schon ab dem zweiten Tag nach der Erstürmung abgerissen. Und zwar komplett, tutti kompletti, abgebaut.
Zum Teil wurde aus den Steinblöcken die abgetragen wurden, kleine Modelle der Bastille – so klein waren die eigentlich gar nicht – jedenfalls Modelle der Bastille gebaut, die dann in ganz Frankreich unter lautem Bohei, als eine Art Revolutionssouvenir untergebracht.
Die eigentliche Bastille war noch eine Weile lang als 50 cm großer Mauernumriss zu sehen und heute ist es nur noch eine Linie auf dem gleichnamigen Platz. Diese Linie kann man immerhin abgehen und sich dem Gedanken hingeben, dass hier Geschichte geschrieben wurde. Nämlich eine ziemlich dilettantische Erstürmung und der Beginn der Französischen Revolution.
Bis bald.