====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
Themenpate: @FryZeit
Erste Hilfe rettet Leben und ist in Deutschland auch eine gesetzliche Verpflichtung. Reden wir darüber…
- https://dejure.org/gesetze/StVO/Anlage_3.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Erste_Hilfe
- http://www.planet-wissen.de/gesellschaft/medizin/erste_hilfe/index.html
Bild: Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1005423
Als ich 18 geworden bin, habe ich meinen Führerschein gemacht und ich wollte unbedingt einen Motorradführerschein machen. Und meine Mutter hat damals das gesagt, was wahrscheinlich viele, viele, viele Mütter auch heute noch sagen, nämlich “Wenn Du einen Motorradführerschein machst, dann zahlst Du Dir den Führerschein selber”. Weil ich als junger Kerl nicht die Kohle hatte, um mir einen Führerschein zu finanzieren, habe ich dann in den sauren Apfel gebissen und einen Autoführerschein gemacht. Und natürlich ging die Rechnung meiner Mutter vollständig auf: Ich musste 35 werden, bevor ich loszog, endlich den seit Jahren erwünschten Motorradführerschein zu machen. Und ich habe ihn gemacht. Und bevor ich zur Prüfung ging, habe ich dann auch eine Auffrischung meines Erste-Hilfe-Kurses gemacht. Da saß ich nun in einem Raum mit lauter jungen Führerscheinanwärtern. Die meisten von denen – 17. Und sehr in Erinnerung geblieben ist mir ein junger Punk mit aufgestellten Haaren, also ein Iro, der bei einer Erste-Hilfe-Übung, wo er sich auf den Rücken legen sollte und einen Verletzten mimen sollte, Bedenken hatte, dass seine Frisur vielleicht abbrechen könnte. Ich habe mir die Frage gestellt, ob man auf so einem Iro eigentlich liegen kann oder ob Haare, wenn sie erstmal hart genug gestyled sind, unter Umständen die Kopfhaut durchstechen könnten. Jedenfalls, der hat ein Mordstheater gemacht.
Eine andere – naja, sagen wir mal – etwas prollig veranlagte Teilnehmerin, die konnte mit der Stelle, an der der Kursleiter anmerkte, dass man vor der Mund-zu-Mund-Beatmung die Zunge des Bewusstlosen aus dem Weg räumen sollte, zu gar nichts anfangen Ähhhhh, dann soll ich dem auch noch in den Mund fassen?! Nee, das kann ich net, das mach ich net, nee, nee, nee!! So oder so war zumindest ich froh, diese Auffrischung gemacht zu haben und ich war überrascht, wieviel dann doch inzwischen anders war. Also einige Dinge, wie zum Beispiel die korrekte, stabile Seitenlage war natürlich unverändert, aber so manche Erste-Hilfe-Maßnahme habe ich zumindest auch mal irgendwann noch ein bisschen anders gelernt als ich 17 Jahre vorher meinen Erste-Hilfe-Kurs für meinen Autoführerschein gemacht habe.
Irgendwie dachte ich übrigens auch immer, jeder hat irgendwann mal einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht – dem ist aber nicht so. Als ich für das Thema heute recherchiert habe, stellte sich heraus, dass nur etwa 20% der Deutschen einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert haben. Und wenn es dann hart auf hart kommt, dann helfen realistisch nur um die 10%. Das ist nicht etwa, weil die nicht helfen wollen, weil die Angst um ihren Iro haben, oder weil die einem nicht in den Mund fassen wollen – im Notfall überwindet sich dann wahrscheinlich sogar diese Teenager-Dame. Sondern es liegt eher daran, dass Menschen im Allgemeinen Angst haben, bei der ersten Hilfe etwas falsch zu machen und unter Umständen Dinge noch zu verschlimmern. Dabei ist das, das aller kleinste Risiko.
Wenn jemand in einer Notlage ist, dann ist jede Art von Hilfe willkommen und wir sind in Deutschland zumindest auch gesetzlich dazu verpflichtet, Hilfe zu leisten. Die einzigen Befreiungen von dieser Pflicht sind entweder, wenn ich mich durch Helfen eigentlich auch selbst in Lebensgefahr bringen würde. Das kanonische Beispiel hier ist das brennende Auto, aus dem wir nicht verpflichtet sind, jemanden rauszuziehen. Und wenn ich Nichtschwimmer bin, muss ich natürlich auch niemanden vor’m Ertrinken retten.
Andere Befreiungen gelten, wenn ich zum Beispiel essenzielle Pflichten vernachlässigen müsste, um zu helfen. Zum Beispiel, wenn ich Aufsichtspflicht über ein kleines Kind habe und ich müsste dieses Kind irgendwo unbeaufsichtigt stehen lassen oder wenn ein Arzt anwesend ist. Dann muss ich als Privatmann auch nicht mehr Hilfe leisten.
Räumen wir an der Stelle auch mal mit einem Mythos auf: Die allermeisten Menschen glauben, der Anruf beim Notarzt wäre die wichtigste Hilfe. Wir können uns darauf verständigen, dass die sehr, sehr wichtig ist, aber die wichtigste Hilfe ist es noch nicht. Die wichtigste Hilfe ist die Erstversorgung. Wenn jemand vor uns liegt mit einem Herzstillstand, dann ist tatsächlich das Freiräumen des Brustkorbs und die Herzmassage die lebensverlängernde Maßnahme, nicht der Anruf beim Rettungsdienst.
Rettungsdienste sind auch schneller da als ihr Ruf. Ich habe neulich mal die Behauptung gelesen, dass in einer durchschnittlichen deutschen Stadt der Pizzabote schneller da wäre als der Rettungsdienst. Das würde nur stimmen, wenn die Pizza innerhalb von 8 Minuten da wäre. Das wird wohl eher unwahrscheinlich werden, zumindest bei mir in Frankfurt. Auf dem Land kann es ein bisschen länger dauern, aber 15 bis 20 Minuten wäre auch für den Pizzaboten auf dem Land verdammt schnell. Das heißt, wir sind in Deutschland, was die Versorgung durch professionelle Rettungskräfte angeht, super luxuriös aufgestellt. Und trotzdem: Natürlich sollten wir den Rettungsdienst rufen, aber dann sofort mit der Herzmassage beginnen. Ohne eine Herzmassage ist ein durch einen Herzstillstand bewusstlos gewordener, sehr wahrscheinlich zum Tode verurteilt. Nur 1 bis 2% der Betroffenen überleben ohne eine Herzmassage, während mit einer Herzmassage und Erster Hilfe immerhin um die 35% der Betroffenen überleben.
So. Also, Fazit der heutigen Sendung: Mach einen Erste-Hilfe-Kurs! Und wenn Du schonmal einen gemacht hast und der ist länger als 5 Jahre her, dann überleg mal, ob Du ihn nicht auffrischen möchtest. Wenn er 10 Jahre her ist – frische ihn einfach auf! Das ist erstens mal lustig, weil Teenager in ihrem Habitat zu beobachten, kann schon mal Laune machen und es rettet unter Umständen Leben.
Danke auch unserem heutigen Themenpaten, dem Twitternutzer @FryZeit. Der hat das Thema nämlich vorgeschlagen, weil das Verkehrszeichen mit der Nummer 368, das ist das Zeichen für Erste Hilfe oder Erste-Hilfe-Station. Und wenn Du Dich jetzt fragst, wie das Ding eigentlich aussieht, dann surf doch mal auf der Webseite vorbei und schaue auf’s Bild. Es ist ein blauer, rechteckiger Rahmen und ein rotes Kreuz auf weißem Grund.
Danke @FryZeit, bis bald.