Cohen vs. California =^_^=

====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====

Der Anerzählt von heute ist explizit. Very explizit. Mach Dich bereit!

  • https://www.amazon.com/English-Second-cking-Language-Effectively/dp/sitb-next/031214329X
  • https://en.wikipedia.org/wiki/Cohen_v._California
  • http://www.sacbee.com/news/nation-world/national/article50767950.html
  • http://www.economist.com/blogs/johnson/2012/05/swearing-court
  • http://www.economist.com/blogs/johnson/2012/01/obscenity
  • http://gulfnews.com/news/uae/general/why-using-the-f-word-is-a-crime-1.1252234
  • https://en.wikipedia.org/wiki/Seven_dirty_words
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Seven_Dirty_Words

Bild: Flickr, CC, https://www.flickr.com/photos/richardsummers/5563866282

 

 

#403 – Cohen vs. California

Achtung, Achtung! Der kommende Anerzählt erhält “Strong Language”. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber vielleicht müsste ich diese Episode vom Anerzählt sogar auf iTunes als explizit markieren. Es wird das F-Wort gesagt!

Ein Freund hat mir mal vor einigen Jahren ein großartiges kleines Büchlein geschenkt. Das fand ich so toll, dass ich davon mehrere Ausgaben gekauft und seither mehrmals weiterverschenkt habe. Geschrieben hat es “Sterling Johnson” und der Titel ist “English as a Second F*cking Language – how to swear effectively, explained in detail with numerous examples taken from everyday life”. Und der Name ist Programm! Das ist praktisch eine Art Übungsbuch zum Fluchen in englisch.

Sterling begründet es mit:  das Spiel heißt Kommunikation und nicht geschliffener Ausdruck. Das mit Abstand größte Kapitel und die mit Abstand breiteste Trainingssektion in dem Buch beschäftigt sich mit dem Wort “Fuck”. Denn das Wort “Fuck” ist in dem Englischen wirklich vielschichtig. Das hat natürlich zum einen die wörtliche Übersetzung, es ist ja schließlich ein Verb. Aber davon abgesehen ist Fuck vielleicht das vielseitigste englische Wort überhaupt.

Es lässt sich als Substantiv verwenden, z.B. wenn man jemanden einen “Stupid-Fuck” nennt. Macht das mal im Deutschen. Oder es ist ein Eigenschaftswort: “I just drop that Fucking F-bomb and now everyone is shocked!”. Das Wort ist natürlich auch meistens eher aggressiv gemeint – es klingt ja auch schon irgendwie so. Wobei, es kann auch Überraschungen ausdrücken, also wie in “what the Fuck?!”. Wobei dann auch nicht so ganz klar ist, was “the Fuck” in dem Fall eigentlich ist. Es ist wie so eine Art Platzhalter sozusagen.

Das Wort ist jedenfalls viel benutzt und das meine ich durchaus ernst. Wenn man Amerikanern dabei zuhört, wie sie sich unterhalten, kommt dieses Wort oft vor. Und zwar egal, ob sie jetzt nur aus gebildeten oder ungebildeten Kreisen stammen. Ist manchmal so, wie bei uns das Wort “Scheiße” oder “Verdammt”. Es ist Alltagssprache! Aber, es ist Alltagssprache, die jedem verdammt unangenehm ist. Sogar Donald Trump ist es unangenehm, zumindest im Fernsehen.

[Auszug aus einer Rede]

Das war jetzt ein Moderator im TV, der bei einer der Debatten bei denen Trump aufgetreten ist.

Ich glaube irgendwie nicht, dass der mexikanische Präsident “F-ing Wall” gesagt hat. Womöglich hat er “Fucking-Wal” gesagt. Ich bin mir nicht sicher. Aber Trump – Trump weiss was er gesagt hat.

[Auszug aus einer Rede].

Gut, ich meine, Donald Trump ist wirklich bekannt dafür, dass er seine Worte vorsichtig auswählt und sich immer gewählt ausdrückt.

[Auszug aus einer Rede]

Ok, mal unabhängig davon, dass der Typ unmöglich ist, das funktioniert nur deswegen so gut und hat deswegen so einen großen Effekt, weil das Wort “Fuck” so tabuisiert ist. Wenn Du heute Stand-Up-Comedian in den USA bist, dann kannst du gar nicht anderes, als auf der Bühne möglichst oft das “F-Word” zu sagen oder die “F-bomb” fallen zu lassen, um jedesmal einen Gasp im Publikum zu ernten. Das, obwohl sie eigentlich die ganze Zeit selber dieses Wort verwenden.

Das hat dann natürlich seinen Weg in die Gesetzgebung gefunden. Es ist tatsächlich immer wieder vor Gericht, denn Menschen fühlen sich beleidigt, wenn das “F-Wort” irgendwo auftaucht, sie sind der Meinung irgendjemand, irgendetwas wurde damit gering geschätzt oder angegriffen oder es wird damit zu Gewalt aufgerufen und deswegen wird im TV und im Radio in aller Regel jedes Aufkommen von diesem Wort weggepiept

[Auszug aus TV]

Das war ein kurzer Ausschnitt aus einer großartigen Nummer vom spektakulären guten George Carlin, der sich über “seven dirty words” auslässt.

Um es fair zu halten, es ist natürlich nicht oft illegal in den USA, es braucht immer einen Kontext dazu. Das heißt, das Wort “Fuck or Shit” wird eigentlich erst dann strafbar, wenn man sozusagen ungewarnt damit konfrontiert wurde und in seiner seelischen Gesundheit verletzt wurde. Oder wenn es aufruft Straftaten und Gewalttaten zu begehen, wann immer das denn so sein könnte.

Es gibt jedenfalls eine Liste von Wörtern, die im öffentlichen Rundfunk verboten sind, also TV und Radio. Oder nur in einer bestimmten Quote auftreten dürfen und dann auch nur dann, wenn die entsprechenden Sendungen zu bestimmten Zeiten ausgestrahlt werden und markiert sind; und überhaupt. Deswegen gibt es einen Unterschied zwischen Podcasts und Radios. Im Radio werden bestimmte Worte mit einem “Piepton” ausgeblendet, während in der Podcastversion schlicht und ergreifend vorne ein kurzer Disclaimer kommt. Irgendwas nach dem Muster: “The following Program contains strong Language”. Und bähm darf es plötzlich drinnen sein.

Ich meine die Grundidee ist und das sagen manche Podcaster auch noch dazu, wenn du Kinder im Auto sitzen hast und Du hörst es gerade im Radio, dann möchtest Du vielleicht vermeiden, dass diese Worte in Gegenwart Deiner Kinder gesagt werden, weil Kinder lernen ja schnell und die lernen vor allem ganz schnell – was wir versuchen zu vermeiden, und was irgendwie UUUHHUU ist, weswegen ich es bei meinen Kindern erst nicht versucht habe.

Jetzt ist es nicht so, dass bei uns Daheim nicht besonders viel geflucht wird, aber natürlich habe die auch aus dem Mund ihrer Eltern hin und wieder mal das Wort “Scheiße” gehört. Aber ich schweife ab….

Es gibt Länder, in denen ist es jedenfalls noch restriktiver. In den Vereinigten Arabischen Emiraten zum Beispiel, ist die Verwendung des Wortes  “Fuck” strafbar, also wirklich buchstäblich strafbar.

Einmal, ja einmal hat das Wort “Fuck” sogar bis ins höchste amerikanische Gericht geschafft. Und zwar zur Zeit des Vietnamkrieges, 1968. Vor Gericht stand Paul Robert Cohen, der 1968 damals 19 Jahre alt, vor Gericht gestellt wurde, weil er im Protest gegen den Vietnamkrieg und gegen die Wehrpflicht mit einer Jacke vor einem Gerichtsgebäude demonstriert hatte, auf der stand: “Fuck the Draft”.

Er wurde verurteilt zu 30 Tagen im Gefängnis, weil es sich bei diesem “Fuck the Draft” sozusagen um eine Störung des öffentlichen Friedens handeln würde. Und gegen dieses Urteil zog Paul dann durch die Instanzen. Paul wurde am Ende freigesprochen und dieses Urteil ist als 403 U.S. 15 Cohen v. California Teil des US Rechtkanons. Es beschützt bis heute das Recht von zum Beispiel Demonstranten auch unpopuläre Worte in der Öffentlichkeit zu sagen, im Protest.

Das war übrigens vielleicht das einzige Mal, dass das Wort “Fuck” im obersten Gericht der USA gesagt wurde, aber trotzdem beschäftigt sich das US Supreme Court regelmäßig mit sogenannter Obscenity. Also eben genau mit diesen sieben verbotenen Worten im öffentlichen Raum.

Woher kommt eigentlich diese Liste von sieben Worten? Zu den sieben Worten selber komme ich jetzt gleich. Die Liste stammt aus einer FCC Direktive. Die FCC ist die Aufsichtsbehörde für den Rundfunk in den USA. Die hat damit praktisch de facto Rechtsstatus, denn die FCC vergibt Lizenzen und kann die auch wieder wegnehmen. Gegen diese Liste wurde dann auch immer wieder mal geklagt und ursprünglich wurde die mal bestätigt. Dann wurde sie 2010 als zu vage abgeurteilt und so geht es immer hin und her und hin und her.

Tatsache ist – es ist inzwischen Praxis im öffentlichen Raum, das heißt, selbst wenn es selbst nicht mehr verboten wäre, würden wahrscheinlich Fernsehsender und Radiostationen trotzdem biepen – als explizit markieren und entsprechend sich selbst, naja sagen wir mal, reduzieren. Was ja auch nicht so schlecht ist.

Ja und die sieben Worte? Entweder Du schaust dir das Video mit George Carlin in den Shownotes zur Sendung an oder folgst dem Link auf der Liste. Es fängt mit “shit” an, hört mit “tits” auf und hat “fuck” in der Mitte. Den Rest, den musst Du leider nachschlagen…

Bis bald.