91 an Karlsson =^_^=

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Die Schwedische Comicreihe 91:an wird seit 1932 regelmäßig herausgegeben, derzeit als eigenes Comicbuch und als Strip in einer Wochenzeitschrift. Es geht um eine schwedische Militäreinheit und ihre Erlebnisse. Comics kommen uns ja oft vor wie eine moderne Erfindung, aber sind sie das eigentlich wirklich?

91:an Karlsson in der Englischen Wikipedia
Wikipedia: Trajans Säule
Wikipedia: Die Entwicklung des Comics
Wikipedia: Die Höhle von Lascaux

(Schwedische) Links zum Comic 91:an Karlsson:
http://www.91anmuseet.se/

Välkommen till inofficiella 91:an-sidan!

 

#091:an Karlsson

Die 91 ist ergiebig. Es fängt damit an, dass die 91 schon mal keine Primzahl ist. Aber sie ist eine Semi Prime und eine Hexa Prime und alles mögliche andere. Außerdem hätte 91 auch sehr gut für M91 stehen können – das ist eine Spiralgalaxie. Oder wir hätten uns einen Stern aus dem NGC Katalog rausgreifen können und uns deswegen mit dem Sternbild Andromedar beschäftigt. Das werden wir alles nicht tun. Stattdessen reden wir heute über Comics.

Ich mag ja Comics. Ich bin mit Comics aufgewachsen; Superhelden waren ganz mein Ding. Dabei habe ich Superman schon immer für übertrieben gehalten. Ich habe Captain Marvel für eine verrutschte Farbkopie von Superman gehalten und ich bin nach wie vor der Meinung, dass Superhelden, die nicht immer alles so richtig im Griff haben, sehr sympathisch sind. Aber: Die Erfindung von Superhelden und die Erfindung von Comics ist nichts Neues. Superhelden sind ja auch nichts anderes als neu verkleidete, neu aufgelegte Helden- und Göttersagen. Ich meine, was war Herkules anderes als ein sehr, sehr starker Typ?

Und Comics? Comics sind schon verdammt alt. Und da fängt es jetzt mal damit an, sich die Frage zu stellen: Was definieren wir denn als Comic? Würden wir nämlich einfach sagen, das sind Geschichten in Bildern erzählt, dann sind wir praktisch zurückgeworfen auf Höhlenmalereien, von denen die ältesten um die 30.000 Jahre alt sind.

Jetzt kann man noch ein weiteres Kriterium ranhängen und kann sagen: Ein Comic ist eine Darstellung, die einen zeitlichen Ablauf wiedergibt. Und da wird im Allgemeinen die Höhle von Lascaux in Frankreich als das älteste bekannte Beispiel genommen und die ist ungefähr 17.000 Jahre alt.

Wir glauben ja immer wieder mal gerne, dass bis zur Erfindung der Schrift, eigentlich die mündliche Erzählung das Vehikel war, wie das Wissen weitergegeben wurde. Das ist aber nicht ganz richtig. Wenn man nämlich an diese Bilder denkt, die wurden eben auch oft verwendet, um Abläufe zu dokumentieren und damit auch Wissen einzufangen.

Aber natürlich profitierte diese Bildsprache sehr als ungefähr 4.000 Jahre v. Chr. in Mesopotamien Schrift entwickelt wurde. Aus der Zeit ungefähr 2.500 v. Chr. sind mehrere Bilder erhalten, die eben auch Bildunterschriften oder Beschreibungen tragen – also beides miteinander kombinieren.

Ein klassisches Erzählelement unserer heutigen Comics sind ja Sprechblasen – also Texte, die praktisch aus den Mündern der dargestellten Figuren kommen. Und das ist etwas, was vermutlich in Griechenland zum ersten Mal gemacht wurde, nämlich auf Vasenmalereien. Die waren inspiriert von den Ägyptern, zeitlich aufeinander aufbauende Bildfolgen und es wurde einfach über die Köpfe Text geschrieben, wenn die Akteure irgendwas sagten.

Die Syrer im 6. Jhd. v. Chr. oder die Azteken im 4. Jhd. v. Chr. haben ganz ähnliche Dinge gemacht. Und die Römer haben es dann einen Schritt weiter getrieben, indem die die Bildfolgen standardisiert haben. Ein frühes Beispiel davon ist die Siegessäule des Herrscher Trajans, der einen Feldzug auf einer Steinsäule hat dokumentieren lassen. Die war 33 Meter hoch und es gab ein 200 Meter langes Relief mit 155 Szenen. Und diese Szenen waren in Reihen angeordnet und durch einzelne Baumstämme voneinander getrennt. Und das ist in etwa, wie wir es heute in Comics kennen, den Bildstegen zu vergleichen.

Die nächste Entwicklung fand dann im Mittelalter statt, nämlich in Klöstern, wo Mönche damit beschäftigt waren, Bücher zu kopieren oder auch Bücher zum allerersten Mal niederschrieben. Diese Bücher waren dann oft eben auch mit Malereien oder Illustrationen versehen und dort gab es dann auch Spruchbänder, in denen der Text zu lesen war, den die Akteure von sich gaben oder irgendwelche Beschreibungen der Dinge, die man da so sehen konnte.

Natürlich sind Klöster auch Orte, an denen es Fresken oder Wandteppiche oder Illustrationen in farbigen Fenstern gibt und die haben eben auch dazu beigetragen, die Ästhetik von Comics weiter zu prägen.

Europa war aber nicht die einzige Ecke, in der man sich mit derartiger Bildkunst beschäftigte. Japan ist ein anderes schönes Beispiel, in dem ungefähr im 16. Jhd. eine Art groteske Holzschnitzkunst entsteht, aus der dann später das auch noch uns bekannte Manga entwickelt wird.

Bis hier hin wurde in diesen – ich will es gar nicht Comics nennen – Bildern, natürlich hauptsächlich religiöses Leben oder höfische Leben dargestellt. Es war also kein Alltag. Das änderte sich dann mit der Einführung des Buchdrucks, wie so vieles. Denn plötzlich war es möglich, Geschichten auf Papier zu drucken und in die Hand vieler zu bringen. Und natürlich in einer Bevölkerung, die zu großen Teilen aus Analphabeten besteht, gab es Bedarf an Bildern.

Was entstand waren dann Bilderzyklen. Und diese Bilderzyklen waren auch zum ersten Mal wirklich aufeinander aufbauend und beschäftigten sich eben nicht mehr nur mit Religion und dem höfischen Leben. Es gibt in dieser Gattung des Bilderzyklusses ziemlich bekannte Gestalten, die sich damit beschäftigt haben. Zum Beispiel Albrecht Dürer.

Die erste Bildergeschichte, die auch nur ein und dieselbe Person verwendete als Akteur, schrieb  Rodolphe Töpffer 1827. Das waren über 200 Bilder, in denen jedes Bild auf das Vorhergehende aufbaute und da auch dann Textzeilen enthielt. Außerdem hat Töpffer zum ersten Mal spezielle Stilmittel verwendet, um zum Beispiel Bewegung oder Musik darzustellen. Und es ist ja gerade zu selbstverständlich heutzutage, dass, wenn wir einen Comic anschauen und das spielt Musik, dass da Noten in die Luft gezeichnet sind. Oder wenn jemand sich schnell bewegt, dass Linien die Richtung darstellen, in die er läuft. Das war damals eine völlig neue Stilentwicklung.

Ungefähr zu dieser Zeit passiert etwas Interessantes. Diese neu entwickelte Bildsprache kombiniert sich nämlich mit einem anderen Trend, den es zu der Zeit auch schon gibt, nämlich der Idee Karikaturen zu machen. Also lustige Bilder von bekannten Persönlichkeiten oder Alltagsbegebenheiten, die uns allen bekannt vorkommen.

1830 wird dann die erste französische Zeitung mit einem satirischen Schwerpunkt gegründet und ab da haben wir eine Zeitung, die hauptsächlich Karikaturen vertreibt. In England gibt es eine Zeitung, die sich Punch nennt und Cartoons als Begriff einführt für seine Bilder. Und in Deutschland sind es die Arbeiten von Leuten, wie etwa Wilhelm Busch, die die Ästhetik dieser Bildergeschichten prägen.

Was ich heute an Comics immer sehr faszinierend finde, ist die Beziehung zu einem ganz anderen Medium, nämlich dem Film. Wir haben ja immer mehr Verfilmungen von Comics. Und es gibt Comics zu bekannten Filmen und Serien, aber das meine ich gar nicht mal so, sondern die Stilmittel. Wenn man nämlich einen Comic in die Hand nimmt, hat man darin Stilmittel, die man aus Romanen und Erzählungen kennt. Das heißt, man kann zum Beispiel direkt an den Gendanken der Akteure teilhaben, weil die als Sprechblase drüber stehen oder die in Filmen nur sehr schwer zu transportieren wären oder zusätzliche Szenen bräuchten.

Auf der anderen Seite lässt sich in Comics Bewegung darstellen und es lassen sich Geräusche darstellen und obwohl es ein Bild ist und Text, den ich mir anschaue, erzeugt das damit das Gefühl einer sich abwickelnden Handlung. Das ist ein sehr schnelles Medium.

Wenn jetzt noch der Zeichner sein Handwerk wirklich gut versteht, dann gibt es Comics an denen hänge ich an einzelnen Bildern buchstäblich fest und versuche jedes einzelne Detail in mich aufzusaugen.

Last, not least sind in Comics Dinge möglich, die weder im Film noch im Roman so einfach machbar sind. Es werden Grenzen überschritten. Wer zum Beispiel beeindruckt ist von TV-Serien, wie The Walking Dead, der sollte sich wirklich mal den Spaß gönnen und das dazugehörige Comic-Pendant lesen, das zuerst da war und um einiges Aufwühlender ist, als die Verfilmung es je sein kann. Allerdings auch brutaler, weil ein Teil der Handlung geht dann eben im Kopf des Lesers ab, statt auf der Leinwand.

Und was hat das jetzt nun alles mit der 91 zu tun? Es gibt einen Comic-Strip “91:an”, der kommt aus Schweden und wird seit 1932 verlegt. Von der Ästhetik her erinnert er so ein bisschen an Tim und Struppi – kennst Du sicher. Und es geht um eine Militäreinheit, bzw. um die Charaktere in dieser Militärarbeit, für die eine echte Militäreinheit sozusagen Vorbild gewesen ist.

“91:an” oder wie es heute heißt “91:an Karlson” gibt es sowohl als Comic-Buch, das regelmäßig erscheint, als auch als Comic-Strip in einem wöchentlich erscheinenden Frauen-Magazin. Das ganze nimmt die schwedische Armee auf den Arm. Und jawoll, es gibt auch Verfilmungen basierend auf den Comic-Strips und jawoll, in Schweden kennen das Ding wahrscheinlich alle. Und außerhalb von Schweden niemand. Das hält mich aber nicht davon ab, darüber einen Anerzähler zu machen.

Schau es Dir doch mal an. Ich habe ein paar Links in die Notizen zur Sendung gepackt und lass mich doch vielleicht mal in den Kommentaren wissen, ob Du auch einen Lieblingscomic hast oder den Comic vielleicht sogar schon gekannt hast.

Bis bald.

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