====> 30x Fotogeschichte(n) - Ein Lesebuch für Fotograf*innen mit und ohne Kamera <====
Themenpate: @zmahlzeit
Sich selbst als Steuerhinterzieher anzuzeigen ist eine letzte Option wenn die Entdeckung kurz bevor steht. Im Jahr 2014 haben mehrere 10.000e Steuersünder diesen Weg gewählt und jedes Jahr zeigen sich knapp 8000 Menschen an.
- http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/recht-steuern/rekord-mehr-als-35-000-steuerhinterzieher-zeigen-sich-selbst-an-13307221.html
- https://www.steuertipps.de/steuererklaerung-finanzamt/themen/selbstanzeige-das-wichtigste-in-kuerze
- http://www.sueddeutsche.de/geld/steuerhinterziehung-die-fuenf-grossen-irrtuemer-bei-der-selbstanzeige-1.1913110
- https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstanzeige
- https://de.wikipedia.org/wiki/Uli_Hoene%C3%9F
Bild: CC0, Pixabay, https://pixabay.com/en/taxes-tax-evasion-police-handcuffs-1060125/
Heute dürfen wir uns mal wieder bei @zmahlzeit bedanken. @zmahlzeit hat uns vorgeschlagen über ein ganz besonders spaßiges Thema zu sprechen, nämlich über den § 371 AO. Und AO steht für Abgabenordnung und der §371 beschäftigt sich mit der Selbstanzeige und die ist ein wirklich heikles Thema.
Im Grund geht es dabei um folgende Idee: Als Steuerhinterzieher hat man ja unter Umständen größere Geldbeträge außer Landes gebracht oder in irgendeiner anderen Form vor dem Fiskus versteckt. Kommen die Behörden hinter eine solche Handlung, kennen sie keine Gnade. Es ist ein Straftatbestand, der nach § 370 AO auch drakonisch geahndet wird. Jetzt ist es aber so, dass das Risiko nicht immer gleich groß war. Wir haben ja da diesen Nachbarn – die Schweiz. Und die Schweiz hat einen Verkaufsschlager, nämlich das anonyme Nummernkonto und mit dem anonymen Nummernkonto, da lassen sich bombig Geldbeträge verstecken. Und das haben viele auch fleißig gemacht.
Kommt sowas nun auf, dann wird in vollem Umfang der versteckte Geldbetrag nachversteuert samt Zins und Zinseszins und weil es Steuerhinterziehung war und damit eine Straftat, kommt es natürlich auch noch zu einigen anderen sehr unerfreulichen Nebenwirkungen. Jetzt müssen wir auch mal ehrlich zu uns selber sein: Das interessiert den typischen Steuerhinterzieher eigentlich erstmal nicht, vermutet der sich auch einigermaßen in Sicherheit. Es muss sich ja schon das Auge Saurons erst auf Dich richten, damit so richtig auffällig wird, dass Du irgendwas nicht angegeben hast.
Zur Selbstanzeige greifen viele auch daher erst, wenn sich abzeichnet, dass sich das ändern könnte, etwa durch eine Prüfung oder durch eine drohende Anzeige von jemandem anderen, wie es ja oft nach Scheidungen mal passieren kann und dann dient die Selbstanzeige manchmal einfach der Schadensbegrenzung.
Je nachdem von wie viel Geld wir hier reden, geht das durchaus in beide Richtungen. Denn auch für den Staat ist es natürlich eine Schadensbegrenzung, wenn die ausstehenden Steuern bezahlt werden und das Gesamtverfahren abgekürzt wird, weil nicht erst noch umständlich ermittelt werden muss. Und dann? Dann gab es diese Steuer CDs. Die haben die allermeisten wahrscheinlich irgendwann mal in den Medien wahrgenommen. Das heißt, Mitarbeiter von Banken haben – illegalerweise muss man dazu sagen – CDs gefertigt mit Datensätzen ihrer Kunden und plötzlich waren die ach, wie anonymen Nummernkonten unter Umständen nicht mehr ganz so anonym. Und der deutsche Staat unter lautem Getöse und mit viel Diskussion und Debatte – ich habe eine ganz persönliche eigene Meinung dazu – hat diese Steuer CDs gekauft. Und da wusste natürlich dann ganz schlagartig jeder, der ein solches Nummernkonto in der Schweiz betrieben hat, dass er unter Umständen vor der Entdeckung stand. Denn es waren viele Datensätze; das dauerte also, sich durch die durchzufräsen, aber irgendwann ist man ja durch den Nummernbereich mal durch. Und promt explodierten die Zahlen der Selbstanzeigen im Jahr 2013. Über 20.000 gingen bei den deutschen Finanzämtern ein. Darunter dann auch einige Promis, zum Beispiel Alice Schwarzer oder André Schmitz und wir alle haben sicherlich auch noch in Erinnerung, dass es Uli Höneß erwischt hat. Jaaa, den Uli, der eigentlich doch das Ganze gar nicht verdient hatte; der nur immer Gutes für den deutschen Fußball gemacht hat – nicht wahr? Und für den dann die Fassung seines Vereins geändert wurde, dass er trotz Vorstrafe weiterhin in Amt und Würden sein darf. Ich muss sagen, ich fand das Theater damals unfassbar. Wieviele Leute sich dahin gestellt haben und gesagt haben “Den armen Uli darf man jetzt nicht so hart rannehmen. Das macht ja wohl jeder mal”, war nur noch zu vergleichen mit dem Guttenberg-Skandal, wo es Demonstrationen gab, weil der arme Guttenberg dabei überführt worden war, dass er seinen Doktortitel im Wesentlichen zusammen kopiert hatte. Ich finde da die Doppelmoral der Menschen immer wieder faszinierend.
Ich erinnere mich daran, dass ich, während der Uli Höneß Steuerskandal in den Medien war, auf einer Geschäftsreise in Berlin war und während ich da auf einen Bus warte, spricht mich jemand auf Uli Höneß an und fragt mich, ob ich nicht auch der Meinung sei, dass man den armen Mann jetzt endlich mal in Ruhe lassen sollte. Nee, war ich nicht. Bin ich nicht. Wenn man mit der Hand in der Kasse erwischt wird, dann taugt man einfach nicht als Vorbild für unsere Jugend. Aber da kann man sicherlich, wie so oft völlig unterschiedlicher Meinung sein. Genauso, wie man über den Wert dieser Selbstanzeige-Paragraphen geteilter Meinung sein kann.
Das eine Lager ist der Meinung, dass durch diese Selbstanzeige ein unzulässiger Ausweg aus der rechtmäßigen Strafe geschaffen würde. Gerade weil Leute sich erst dann selbst anzeigen, wenn sie Grund zu der Annahme haben, dass sie demnächst auffliegen, ist ja eigentlich nicht von Reue auszugehen. Und wenn man nunmal nicht wirklich von Reue ausgeht, gibt es eigentlich auch nur noch ganz wenig Grund dafür, Strafe nachzulassen. Die Gegenseite wiederum argumentiert mit den Kostenersparnissen, die mit einer Selbstanzeige verbunden sind und damit, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter es nochmal macht, geringer ist und last not least, dass vielleicht auch viele der Selbstanzeigen in Wirklichkeit garnicht aufgeflogen wären. Schließlich wissen die Steuersünder ja nicht, ob sie auf diesen CDs tatsächlich aufgelistet gewesen wären. Es hätte gut sein können, dass von den 20.000 Selbstanzeigen, 10.000 überhaupt nicht aufgeflogen wären und diese 10.000 haben durch ihre Selbstanzeige dem Fiskus jetzt wieder Geld in die Kassen gespült.
So oder so: Die Debatte flammt immer mal wieder auf. So eben auch beim Kauf der letzten Steuer CDs, denn damals wollten verschiedene Parteien eigentlich diesen Steuerselbstanzeige-Paragrapfen komplett abschaffen. Haben sie nicht geschafft. Es gibt den Paragraphen immernoch.
Bis bald.